Diabetes: Vernunftappelle gescheitert – jetzt ist der Gesetzgeber gefragt
Berlin – Kurz vor der Bundestagswahl richtet sich die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) mit einer Reihe Forderungen an die künftige Bundesregierung. Unter dem Titel „Politik und Diabetes: jetzt handeln!“ fordert die Fachgesellschaft erneut die Umsetzung des Nationalen Diabetesplans. Dazu gehören Maßnahmen zur Verhältnisprävention wie beispielsweise die Einführung einer Zucker-Fett-Steuer sowie Rahmenbedingungen zur Sicherung der Versorgung und Forschung. Vorangetrieben werden müsse auch die Digitalisierung, die große Chancen für die fachliche Vernetzung und flächendeckende Versorgung biete.
Aus Sicht der DDG sind bisherige Appelle an die Vernunft des Einzelnen gescheitert – jetzt ist der Gesetzgeber gefragt: „Die Politik muss es den Menschen erleichtern, einen gesundheitsbewussten Lebensstil zu pflegen“, erklärt Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG. Ein Paradigmenwechsel der Präventionspolitik hin zu einer Verhältnisprävention sei längst überfällig. Mithilfe eines Nationalen Diabetesplans können die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, so die DDG.
Eine zentrale Forderung der Fachgesellschaft, der Deutschen Diabetes-Hilfe und der Deutschen Allianz für Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) ist die Mehrwertsteuerbefreiung für gesunde Lebensmittel mit einem niedrigen Gehalt an Zucker, Fetten und Salzen. „Das schafft Anreize für eine gesunde Ernährung, ohne den Bürger zu belasten“, sagt Gallwitz.
Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel
Eine verpflichtende Kennzeichnung aller Lebensmittel mit einem leicht verständlichen Ampelsystem sei ebenfalls erforderlich. Darüber hinaus empfiehlt die DDG ein Verbot von Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder und Jugendliche richtet. Um sicherzustellen, dass Prävention und Therapie ressortübergreifend und dauerhaft im Fokus der politischen Entscheidungsträger stehen, erwartet die DDG auch die Benennung eines Beauftragten der Bundesregierung für Diabetes, Adipositas und Prävention.
Zudem plädiert die Fachgesellschaft dafür, die Diabetologie im theoretischen und praktischen Teil des Medizinstudiums zu verankern. Ebenso wichtig sei die Förderung des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). Das Positionspapier adressiert auch Ausbildung. Gemeinsam mit dem Bundesverband Niedergelassener Diabetologen e.V. (BVND) spricht sich die DDG für eine bundeseinheitliche diabetologische Zusatz-Weiterbildung aus. Eine staatliche Anerkennung der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe durch die Politik sei zwingend, erklären die DDG und der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD). Das Berufsbild der Diabetesberater müsse sowohl gesellschaftlich als auch finanziell angemessen aufgewertet werden.
Kritisch sieht die DDG die Tendenz, Gesundheitspolitik zunehmend durch patientenferne Organe und Institutionen zu regeln. Als medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft erwartet die DDG daher, bei der Festlegung des medizinischen Standards nach dem Sozialgesetzbuch Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) regelhaft eingebunden zu werden. „Zudem fordern wir die Bundespolitik auf, das Mitwirkungsrecht der Patientenvertreter in den verschiedenen Gremien zu stärken“, sagt Dirk Müller-Wieland, Präsident der DDG.
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