Modellrechnung: Eine Zuckersteuer würde die meisten gesunden Lebensjahre einbringen

Melbourne – Das australische Gesundheitssystem könnte umgerechnet mehr als zwei Milliarden Euro sparen. Dafür müsste es eine Steuer auf ungesunde Lebensmittel einführen und gleichzeitig Früchte und Gemüse subventionieren. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher um Linda Cobiac von der University of Melbourne, die eine Modellrechnung durchgeführt haben. Die Studie ist in PLOS Medicine erschienen (2017, doi: 10.1371/journal.pmed.1002232).
Das Rechenexempel statuierten die Forscher basierend auf der australischen Bevölkerung im Jahr 2010, was 22 Millionen Menschen berücksichtigt. Sie spielten verschiedene Szenarien durch, in denen sie Steuern auf Fett, Zucker, Salz und gesüßte Getränke mit subventioniertem Obst und Gemüse kombinierten. Voraussetzung für das Modellszenario war, dass die Ausgaben der Verbraucher sich um maximal ein Prozent ändern durften (Tabelle 1 der Studie). Für Zucker in Speiseeis betrug die Steuer daher beispielsweise 0,68 Euro/100 ml und 0,62 Euro/100 g in anderen Produkten, wenn mehr als 10 g Zucker in 100 ml beziehungsweise in 100 g enthalten waren. Früchte, Gemüse und ungesüßte Milchprodukte waren von der Zuckersteuer ausgenommen. Durchschnittlich lagen die Steuern bei zehn Prozent, was von den zumeist empfohlenen 20 Prozent deutlich abweicht.
Am größten war die Wirkung einer Zuckersteuer, berichten die Autoren. Sie könnte etwa 270.000 beeinträchtigungsgewichtete Lebensjahre (disability adjusted life year, DALY) abwenden. „Das würde 1,2 gesunde Extra-Jahre für jeden hundersten Autralier bedeuten“, erklären die Autoren. „Kaum eine Intervention kann einen vergleichbaren Gewinn an Lebensqualität für die gesamte Bevölkerung bewirken.“
Eine Salzsteuer führt laut der Modellrechnung zu einem Gewinn von 130.000 DALYs, eine Steuer auf gesättigte Fettsäuren zu 97.000 DALYs und eine Steuer auf zuckergesüßtte Getränke zu 12.000 DALYs (siehe Kasten). Subventionen auf Obst und Gemüse schätzen die Autoren ausschließlich wirksam in Kombination mit einer Steuer auf ungesunde Lebensmittel ein. Würde man die Steuern und Subventionen alle gleichzeitig einsetzen, könnten etwa 470.000 DALYs verhindert werden, eine Ersparnis von 2,3 Milliarden Euro für das Gesundheitssystem.
„Solche Simulationsstudien hinterlassen eine gewisse Unsicherheit“, räumen die Autoren ein. Sie basieren auf anderen Studien, die die Reaktion der Bevölkerung auf Preisänderungen prognostizieren. Dennoch sollte die Einführung einer Steuer bei einer Gesundheitsstrategie ernsthaft in Erwägung gezogen werden, fordern sie.
Eine klare Position hat die Weltgesundheitsorganisation bezogen. Sie empfiehlt in ihrem Report, den Preis von zuckerhaltigen Süßgetränken um 20 Prozent oder mehr zu erhöhen. Gleichzeitig könnte der Preis für frisches Obst und Gemüse durch Subventionen um 10 bis 30 Prozent gesenkt werden. Als Beleg führt der Report eine eigene Meta-Analyse von elf systematischen Übersichten an, die aber noch nicht veröffentlicht wurde.
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