Forscher: Hitzewellen in Europa und den USA ohne Klimawandel „praktisch unmöglich“

Paris – Die heftigen Hitzewellen in Europa, den USA und China wären ohne den menschengemachten Klimawandel „praktisch unmöglich“. Das geht aus einer neuen Schnellanalyse von Wissenschaftlern des Forschungsnetzwerks World Weather Attribution (WWA) hervor (DOI: 10.25561/105549).
Die globale Erwärmung habe etwa die Hitzewelle in China „mindestens 50 Mal wahrscheinlicher“ gemacht, erklärten die Forscher heute. Außerdem sorge der Klimawandel dafür, dass die Hitzewellen heißer und länger geworden seien und öfter aufträten.
Extreme Temperaturen halten in diesem Monat Südeuropa, Teile der USA, Mexiko und China im Griff – teils mit Temperaturen über 45 Grad. In Phoenix im US-Bundesstaat Arizona etwa stieg das Thermometer drei Wochen in Folge auf über 43 Grad – ein Rekord.
„Die Rolle des Klimawandels ist absolut überwältigend“, sagte die Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London. Otto und ihre WWA-Kollegen haben Wetterdaten und Computermodellsimulationen genutzt, um das heutige Klima mit dem der Vergangenheit zu vergleichen. Die Forscher konzentrierten sich dabei auf Zeiträume, in denen die Hitze in jeder Region „am gefährlichsten“ gewesen sei.
In der Vergangenheit sei es „im Grunde unmöglich“ gewesen, dass solche schweren Hitzewellen zur selben Zeit aufgetreten seien, sagte Otto. In der Zukunft könne sich dies aber noch verschlimmern. „Solange wir fossile Brennstoffe verbrennen, werden wir mehr und mehr dieser Extreme sehen“, fuhr sie fort.
Den Ergebnissen der Analyse zufolge müssen diese schweren Hitzewellen nun etwa alle 15 Jahre in Nordamerika, alle zehn Jahre in Südeuropa und alle fünf Jahre in China erwartet werden. Und sie werden demnach noch häufiger auftreten, sollte die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter um zwei Grad ansteigen.
Bereits jetzt sind es rund 1,2 Grad. Ein Anstieg der Erderwärmung um zwei Grad könnte in etwa 30 Jahren erreicht sein, sollten die Länder ihre Zusagen aus dem Pariser Klimaabkommen nicht einhalten und ihre Emssionen rasch senken, sagte Otto.
Es sei noch Zeit, zu handeln, gab die Wissenschaftlerin an. „Wir müssen dringend die Verbrennung fossiler Brennstoffe stoppen und daran arbeiten, unsere Verwundbarkeiten zu verringern. Wenn wir das nicht tun, werden weiterhin Zehntausende von Menschen sterben“, sagte Otto.
Der Chef-Klimatologe der US-Raumfahrtbehörde Nasa, Gavin Schmidt, hatte in der vergangenen Woche gesagt, der Juli 2023 werde wohl der weltweit heißeste Monat seit „hunderten, wenn nicht tausenden Jahren“ werden. Für die Effekte könne zudem nicht nur das Wetterphänomen El Niño verantwortlich gemacht werden, das „gerade erst angefangen“ habe.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) belastet die Hitze zunehmend auch die Gesundheitssysteme. Die extremen Temperaturen verschlimmerten häufig Vorerkrankungen wie Diabetes, Asthma und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
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