Frankreichs Nationalversammlung macht Weg für Recht auf Sterbehilfe frei

Paris – Die französische Nationalversammlung hat den Weg für ein Recht auf Sterbehilfe unter strengen Auflagen frei gemacht. Die Abgeordneten stimmten gestern mit 305 zu 199 Stimmen für den Gesetzentwurf, der anschließend an den Senat geht.
Das Recht, seinem Leben ein Ende zu setzen, soll laut dem in erster Lesung verabschiedeten Text sterbenskranken Menschen zustehen, die bei vollem Bewusstsein sind. „Der Text ist ausbalanciert und enthält sehr strenge Kriterien“, hatte der Abgeordnete Olivier Falorni aus dem Regierungslager vor der Abstimmung betont.
Aktive Sterbehilfe ist in Frankreich derzeit verboten. Präsident Emmanuel Macron hatte sich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit für eine gesellschaftliche Debatte und eine Neuregelung ausgesprochen. Wegen der Bedenken mancher Abgeordneter wurde das ursprünglich geplante Gesetz unterteilt. Ein zweiter Text zum Ausbau der Palliativpflege wurde einstimmig verabschiedet.
Laut dem Gesetzentwurf müssen Patienten schwer und unheilbar erkrankt sein, sich im fortgeschrittenen oder im Endstadium einer Krankheit befinden und dauerhaft körperlich oder seelisch darunter leiden, wenn sie Sterbehilfe in Anspruch nehmen wollen.
Im Regelfall soll der Patient das von einem Arzt verschriebene, zum Tod führende Mittel selbstständig einnehmen. Wenn dieser dazu nicht in der Lage ist, soll aber auch ein Arzt oder ein Pfleger das Mittel verabreichen dürfen. An der Entscheidung sollen jeweils mehrere Menschen beteiligt sein.
Kritiker des Gesetzes verweisen darauf, dass die Neuregelung psychischen Druck auf kranke Menschen ausüben könne, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Der vom rechten Lager dominierte Senat kann das Gesetz noch überarbeiten. Voraussichtlich geht es Anfang 2026 wieder an die Nationalversammlung zurück.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert die Entscheidung des französischen Parlaments. Denn dieses Angebot ermögliche eben nicht mehr Selbstbestimmung, sagte Vorstand Eugen Brysch. Vielmehr sei es eine Kapitulation, statt würdiges Sterben durch Begleitung bis zum Tod möglich zu machen.
„Ohne Zweifel ist das eine billige Lösung. In Deutschland muss das aufrütteln. Wechselnde Mehrheiten zum Machterhalt führen ins ethische Abseits." Staatspräsident Emmanuel Macron sei ein Mann ohne Mehrheit in der Nationalversammlung, ergänzte Brysch: „Das hindert ihn nicht, populistischen Forderungen nachzugehen.“
Frankreichs katholische Bischofskonferenz äußerte sich „zutiefst besorgt über die Folgen für die französische Gesellschaft und die alarmierenden Aussichten, denen ein ,Recht zu sterben' vor allem die schwächsten Franzosen aussetzen würde". Über die Sozialen Medien erklärten sie noch am Abend ihre Entschlossenheit, ihre Stimme für „eine gerechte und brüderliche Gesellschaft zu erheben, die die Schwächsten schützt".
Wenn Sie Suizidgedanken haben oder bei einer anderen Person wahrnehmen: Kostenfreie Hilfe bieten in Deutschland der Notruf 112, die Telefonseelsorge 0800/1110111 und das Info-Telefon Depression 0800/3344 533. Weitere Infos und Adressen unter www.deutsche-depressionshilfe.de.
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