G-BA: Bilanz nach der 70. frühen Nutzenbewertung

Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die 70. frühe Nutzenbewertung seit Inkrafttreten des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) gefasst. Darauf wies der unparteiische Vorsitzende des G-BA, Josef Hecken, gestern in Berlin hin. 13 der bewerteten neuen Arzneimittel hätten dabei einen beträchtlichen Zusatznutzen zugesprochen bekommen, 22 einen geringen und 26 keinen Zusatznutzen. Drei Medikamente seien direkt einem Festbetrag zugeordnet worden, und bei sechs weiteren sei der Zusatznutzen nicht quantifizierbar gewesen. Dies seien jedoch häufig Arzneimittel mit sehr großem Potenzial, bei denen aber die letzte wissenschaftliche Evidenz fehle, sagte Hecken.
Bei zehn der 13 Medikamente mit einem beträchtlichen Zusatznutzen seien die Verordnungen nach dem Beschluss des G-BA rapide in die Höhe gestiegen. Dass dies nicht bei allen 13 Arzneimittel der Fall gewesen sei, liege an der „hohen Vernunft“, mit der die Ärzte Arzneimittel verordneten und jedes gut bewertete neue Arzneimittel differenziert betrachteten.
„Ich bin sehr froh darüber, dass bei drei Nutzenbewertungsverfahren Arzneimittel als zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmt wurden, die zuvor selbst im AMNOG-Verfahren bewertet wurden und denen dabei ein beträchtlicher Zusatznutzen zugesprochen bekamen“, sagte Hecken weiter. Dies beende nun auch Fragen der Arzneimittelhersteller, weshalb ihr neues Medikament mit einem Uraltwirkstoff verglichen werde, für den nach heutigem Maßstab gar keine Evidenz vorliege.
Hecken appellierte an die Arzneimittelhersteller, künftig bei neuen Zulassungsstudien auch Indikatoren wie die Lebensqualität der Patienten von vornherein zu erheben – und nicht allein Daten zum medianen Überleben der Patienten. Zudem appellierte er an den Gesetzgeber, ein Problem zu lösen, das derzeit vermehrt auftrete.
Alte Arzneimittel erhielten demnach neue Anwendungsgebiete, jedoch keinen neuen Unterlagenschutz. Deshalb könne für diese Medikamente keine frühe Nutzenbewertung durchgeführt werden. „Das ist aber dringend erforderlich“, so Hecken, „weil zum Beispiel gravierende Nebenwirkungen bei der Behandlung von Krebs im Endstadium anders bewertet werden als bei einer chronischen Krankheit wie multipler Sklerose.“
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