Gemeinsamer Bundesausschuss passt Vorgaben für Notfallstrukturen an

Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine seit 2018 geltende Regelungen für Notfallstrukturen an vielen Stellen angepasst, präzisiert sowie bestehende Vorgaben bestätigt.
In der heutigen Plenumssitzung wurde vor allem darum gerungen, ob das Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung weiterhin daran festhält, dass entsprechende Fachärztinnen und Fachärzte in der Basis-Stufe binnen 30 Minuten in der Notfallversorgung verfügbar sein müssen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sowie auch die Vertretung der Bundesländer im Gremium hatten angeregt, hier beispielsweise auch auf telemedizinische Erreichbarkeit oder längere Fristen zu setzen. Aus der Sicht der DKG seien die Fachkräfte oftmals nicht vorhanden, zudem entstünden den Krankenhäusern zusätzliche Kosten, da die Bereitschaftsdienste auch ohne aktive Tätigkeit arbeitsrechtlich vergütet werden müssen.
Für die Bundesländer argumentierte Stefan Sydow, Abteilungsleiter Gesundheit im hessischen Gesundheitsministerium, dass die Fachkräfte in vielen Regionen für die Anwesenheit rund um die Uhr nicht verfügbar seien. „Wir haben große Sorge, dass wir bald über andere Zeiten als über 30 Minuten Erreichbarkeit sprechen müssen“, so Sydow.
Der GKV-Spitzenverband argumentierte, dass man den Notfall „nicht der Telemedizin oder den Assistenzärzten alleine“ überlassen dürfe, so Kerstin Bockhorst. Karin Stötzner betonte für die Patientenvertretung, dass die Patientensicherheit bei der Verfügbarkeit von Fachkräften deutlich wichtiger sei. Sie stellte aber auch klar, dass die Versorgung in der Fläche erhalten bleiben müsse.
Mit der Stimme des Unparteiischen Vorsitzenden des G-BA, Josef Hecken, wurde in allen Bereichen des Notfallstufenkonzeptes, in denen eine Verfügbarkeit von Fachärztinnen und Fachärzten binnen 30 Minuten bisher schon vorgegeben war, auch weiterhin bestätigt.
Auch in weiteren Anpassungen – beispielsweise die Zahl der Fachärztinnen und Fachärzte, die in den jeweiligen Stufen "Basis, "erweitert" und "umfassend" vorgehalten werden müssen – stimmte Hecken oftmals den Vorschlägen des GKV-Spitzenverbandes zu, der in vielen Fällen mehr Fachärzte forderte als die Vorschläge der DKG es vorsahen. Anlass der Änderungen ist hier die Vorgabe aus dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), eine Leistungsgruppe Notfallmedizin einzuführen. Diese wurde allerdings im aktuell diskutierten und noch nicht verabschiedeten Krankenhausanpassungsgesetz (KHAG) wieder gestrichen.
Auch bei der Krankenhäusern, die eine „umfassenden Notfallversorgung“ für Kinder und Jugendliche vorhalten, muss es weiterhin eine Neonatologie am Standort vorhanden sein – auch hier wollte die DKG diese Anforderung streichen lassen. Ebenso änderte das Plenum Details bei den Anforderungen zur Versorgung von Schlaganfällen (Stroke Units) sowie bei Chest Pain Units in den Krankenhäusern, die die Voraussetzungen einer Basisnotfallstufe zwar nicht erfüllen, aber dennoch solch eine Einheit haben. Allerdings wurden diese Bereiche im Vorfeld der Sitzung geeint und somit nicht öffentlich diskutiert.
Vor allem bei den Chest Pain Units merkte der GKV-Spitzenverband an, dass diese meist an Standorten verortet sind, bei denen alternativ in direkter Umgebung Kliniken mit höhere Notfallstufe und ebenfalls einer Chest Pain Unit verfügbar wäre. Viele davon seien in den vergangenen drei Jahren durch die fachspezifischen Prüfungen des Medizinischen Dienstes gefallen, argumentierte der Kassenverband. Der Unparteiische Hecken verhalf mit seiner Stimme aber zu dem Erhalt dieser Einheiten an den betroffenen Krankenhäusern.
Nicht-Teilnahme als neue Stufe
Neu im bisher dreistufigen System der Notfallstrukturen ist die künftige Stufe der "Nicht-Teilnahme": In diese Stufe sollen künftig Häuser zugeordnet werden, die die Mindestvorgaben nicht vollständig erfüllen. Dazu gehört das Vorhalten von Fachabteilungen aus der Chirurgie und der Inneren Medizin oder einer speziellen eigenständigen Fachabteilung, die im Rahmen des Versorgungsauftrages eigenständig Notfälle aus dem jeweiligen Fachgebiet versorgen kann. Dazu zählt beispielsweise die Augenheilkunde oder die Dermatologie.
Um zu dieser Stufe zu gehören, muss allerdings in der Klinik angestelltes ärztliches sowie pflegerisches Personal rund um die Uhr vor Ort tätig sein, ebenso wie eine Labor- und Bilddiagnostik. „Werden die Mindestvorgaben dieser neuen Stufe erfüllt, nimmt der Standort an der Notfallversorgung teil, ohne aber einer der drei qualifizierten Notfallstufen (Basis, erweitert, umfassend) zugeordnet zu sein“, teilte der G-BA nach der Sitzung mit.
Hintergrund dieser Regelung ist ein Urteil des Bundessozialgerichts vom April 2025: Darin hatte eine Klinik geklagt, die durch die fehlende Notfallstufe keine finanziellen Zuschläge mehr bekommen hatte. Das Bundessozialgericht hatte kritisiert, dass die Regelung der Nicht-Teilnahme an dem Stufenmodell nicht ausreichend definiert war.
„Mit der neuen Stufe der Nicht-Teilnahme wird jetzt klar geregelt, welche Häuser nicht an der Notfallversorgung teilnehmen und daher Abschläge zahlen müssen. Diese klare Differenzierung schafft zusätzliche Transparenz und hilft somit auch den Patientinnen und Patienten. Denn gerade auch im Notfall müssen sie sich darauf verlassen können, dass das Krankenhaus, in das sie gebracht werden, die notwendige – im Zweifelsfall ja lebensrettende – medizinische Versorgung gewährleisten kann“, erklärte Hecken im Anschluss an die Sitzung in einer Mitteilung.
Und weiter: „Nur wenn ein Krankenhaus über intensivmedizinische Kapazitäten sowie Bilddiagnostik verfügt und ärztliches und pflegerisches Fachpersonal jederzeit vor Ort verfügbar ist, kann man meiner Meinung nach von einem Notfallversorger sprechen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Fehlen diese Voraussetzungen, kann ein solches Krankenhaus nicht an der Notfallversorgung teilnehmen.“
Mit Blick auf die aktuelle Gesetzgebung zu einem Notfallgesetz, das das Bundesgesundheitsministerium kürzlich vorgelegt hatte, erklärte Hecken, dass er es begrüße, „dass die neuen Integrierten Notfallzentren nur an Kliniken mit einer Notfallstufe eingerichtet werden sollen“. Auch der Vertreter der Länder bekräftigte in der Plenumssitzung, dass es für die Planungsbehörden auf Landesebene wichtig sei, nun „Rechts- und Planungssicherheit“ zu haben.
Er beklagte indirekt, dass es in der Krankenhausplanung vonseiten des Bundes derzeit immer wieder unterschiedliche Signale gebe. Hecken antwortete darauf, dass manche Regelungen möglicherweise besser vom G-BA erarbeitet worden wären als vom Bund. „Aber wir sind ja der Inbegriff von Langsamkeit“, so Hecken weiter.
Mit den Notfallstufen werden zwischen den Vertragspartnern auf Bundesebene – dazu gehören die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der GKV-Spitzenverband sowie der Verband der privaten Krankenversicherung – die jeweiligen Zu- und Abschläge für die Teilnahme und Nicht-Teilnahme an der Notfallversorgung verhandelt. Die Änderungen an den Vorgaben für die Notfallstufen müssen noch vom Bundesgesundheitsministerium bestätigt werden, danach können sie in Kraft treten.
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