Gemeinschaftspraxen, Telemedizin, mehr Honorar sind Rezepte gegen Ärztemangel

Mainz – Die Hausärzte wollen mit einem Bündel von Rezepten gegen den Ärztemangel vor allem auf dem Land vorgehen. Der Deutsche Hausärzteverband setzt auf Gemeinschaftspraxen, Telemedizin und auf mehr Honorar. „Wir fördern (...) die gemeinschaftliche Praxisausübung“, sagte Verbandschef Ulrich Weigeldt. „Ein Landarzt, der – wie das früher teilweise war – 24 Stunden bereitsteht und über 2.000 Fälle im Quartal behandelt, möchte keiner mehr sein.“ Die Hausärzte treffen sich von heute an zu ihrer Frühjahrstagung in Mainz. Dabei ist auch der Medizinermangel vor allem in ländlichen Regionen ein Thema.
Von den rund 54.000 Hausärzten in Deutschland werden nach einer Prognose der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Jahr 2030 etwa 10.000 nicht mehr arbeiten. Der Hausärzteverband sucht nach Möglichkeiten, die Belastung der Ärzte zu verringern. „Wir arbeiten daran, zur Entlastung medizinische Fachangestellte weiterzuqualifizieren“, sagte Weigeldt. Mit telemedizinischer Ausstattung könnten sie bestimmte Routine-Hausbesuche übernehmen, für die keine Arzt-Konsultation notwendig sei. „Der Hausarzt kann sich dann über Videotelefonie dazuschalten.“ Bei Bedarf fahre der Hausarzt weiter persönlich zum Patienten.

„Wir brauchen außerdem eine Anpassung des Honorars“, sagte Weigeldt. Der Unterschied zu den anderen Fächern müsse zumindest minimiert werden. Er warnte zugleich davor, Hausärzten Kompetenzen wegzunehmen – zum Beispiel dadurch, einen Facharzt für Geriatrie (Altersmedizin) einzuführen. „In der Regel dauert die Beziehung zwischen den Patienten und dem Hausarzt doppelt so lange wie eine durchschnittliche Ehe in Deutschland hält, nämlich 14 Jahre. Da können wir nicht sagen, jetzt bist du alt, lieber Patient, und ab jetzt gehst du zum Geriater.“
Die Ersatzkassen halten ebenfalls mehr Engagement für notwendig, um den Hausärztemangel zu lindern – auch schon an der Universität. „Bei einem immer höheren Frauenanteil im Medizinstudium spielt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine immer wichtigere Rolle“, sagte der Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen, Uwe Klemens. Auch für junge Männer, die Medizin studieren, sei die Familienplanung mit 30 Jahren nicht vorbei.
Bund und Länder hatten Ende März den „Masterplan Medizinstudium 2020“ beschlossen, mit dem Medizinstudenten verstärkt für eine Niederlassung als Landarzt gewonnen werden sollen. Der Deutsche Hausärzteverband begrüßte den Plan. „Ich glaube, es ist sehr positiv, wenn ein Arzt in der Famulatur oder im praktischen Jahr in eine Praxis aufs Land geht und dann feststellt, auf dem Land ist es gar nicht so schlimm“, sagte Weigeldt.
Auf Länderebene suchen Politik und Hausärzte gemeinsam nach Mitteln gegen den Ärztemangel. „Zur nachhaltigen Nachwuchssicherung haben wir ein ganzes Bündel unterschiedlichster Maßnahmen entwickelt“, sagte die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). Dazu zählt sie zum Beispiel die Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium und die Förderung der hausärztlichen Versorgung speziell in ländlichen Regionen. Weitere Impulse erwarte sie sich vom „Masterplan Medizinstudium 2020“.
Rückgrat der Versorgung
Die Bundesregierung will mehr Ärzte dazu bewegen, auf dem Land zu praktizieren. „Die Hausärzte sind das Rückgrat der medizinischen Versorgung nah am Menschen“, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Er wolle, dass das auch weiterhin so bleibe. Dafür seien auf dem Land besondere Anstrengungen nötig. Gröhe verwies unter anderem auf zusätzliche Möglichkeiten, um junge Mediziner mit Vergütungsanreizen und Hilfen bei der Niederlassung auf dem Land zu unterstützen. Die Weiterbildung zum Hausarzt werde besser vergütet und die Allgemeinmedizin im Medizinstudium gestärkt.
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