Ärzteschaft

Landarztmangel: Montgomery schlägt Rotations-Praxen vor

  • Mittwoch, 3. Mai 2017

Berlin – Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, hat mehr Kreativität gefordert, um Lücken bei der medizinischen Versorgung auf dem Land zu schließen. „Wir brauchen Rotations-Praxen in kleineren Orten“, sagte er heute der Bild. Dort sollten unterschiedliche Fachärzte je einmal pro Woche praktizieren. „Wenn die Kassenärztlichen Vereinigungen solche Praxen einrichten können, finden sie auch Ärz­te“, betonte der BÄK-Präsident.

Gesundheits-Apps oder Onlinesprechstunden hält Montgomery dagegen derzeit für we­nig geeignet, Versorgungslücken zu schließen. „Es fehlt ein Gütesiegel, das Daten­si­cher­heit und Datenverlässlichkeit von Gesundheit-Apps garantiert. Solche Apps müss­ten genauso zugelassen und zertifiziert werden wie andere Medizinprodukte auch“, sagte er. Auch Onlinesprechstunden könnten den Arztbesuch nicht komplett ersetzen. Aller­dings könnten diese helfen, um aus der Distanz zu erkennen, wann ein Arztbesuch drin­gend angezeigt sei. Möglich sei es auch, den Behandlungsverlauf besser zu verfolgen.

Deutliche Worte findet der BÄK-Präsident beim Thema Gewalt gegen Helfer. Von Justiz­minister Heiko Maas (SPD) forderte Montgomery, das Gesetz zum Schutz von Polizisten und Rettungssanitätern gegen Gewalt auf Ärzte auszuweiten. „Gewalt gegen Ärzte muss stärker bestraft werden als heute“, erklärte er. Die vom Bundestag in der vergangenen Woche verabschiedete Reform sieht lediglich höhere Strafen für Angriffe auf Rettungs­kräfte, Feu­erwehrleute und Polizisten vor. Unter dem Begriff der Rettungskräfte sind nach Angaben des Bundes­justizministeriums Sanitäter und Notärzte privater und öffent­licher Rettungsdienste zu­sammengefasst. Nicht berücksichtigt wurde im Gesetz­ge­bungs­verfahren die Forderung nach einem höheren Schutz für alle Ärzte und Angehöri­ge von Gesundheitsberufen.

Hohe Arbeitsüberlastung ein Grund

Neun von zehn Hausärzten sind Montgomery zufolge bereits Opfer von aggressi­vem Verhalten ihrer Pa­tien­ten geworden. Eine Ursache für die zunehmende Zahl von Berich­ten von Ärzten über aggressives Verhalten von Patienten in Praxen, Kliniken und Notfall­ambu­lanzen „ist die absolute Arbeitsüberlastung, vor allem auch in den Notauf­nahmen“, sagte Montgomery auf Nachfrage. „Hinzu kommt, dass gerade hier nach Dringlichkeit be­han­delt werden muss. Da kann es nicht darum gehen, wer als erstes behandelt werden will, sondern wer als erstes behandelt werden muss.“ Zudem nehme die Zahl der Be­hand­­lungs­fälle ambulant und stationär stetig zu.

Kritik übte Montgomery in der Bild an einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Ster­be­hilfe. Er warf den Richtern vor, den Willen des Gesetzgebers und Urteile des Bun­des­ver­fassungsgerichts zu unterlaufen. „Die jüngste Entscheidung, dass Schwerkranken in ,extremen Leidenssituationen’ beim Sterben geholfen werden darf, widerspricht dem Willen des Parlaments und reduziert die Entscheidung über Leben und Tod auf einen reinen Verwaltungsakt“, sagte er. Dass Beamte des Bundesinstituts für Arzneimittel da­rü­ber entscheiden sollen, ob ein todbringendes Medikament abgegeben werden solle, wie die Richiter geurteilt hatten, sei „absurd“. „Die deutsche Ärzteschaft wird das nicht hin­nehmen. Und hoffentlich auch nicht der Bundestag“, erklärte der BÄK-Präsident.

kna/dpa/may

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