Gerangel um Bonuszahlungen für Pflegekräfte

Berlin – Der angekündigte Coronabonus von 1.500 Euro für Altenpflegekräfte droht zu scheitern: Gegen die Finanzierung durch die beitragsfinanzierte Pflegeversicherung hat sich in den Krankenkassen massiver Widerstand formiert.
„Es kann nicht sein, dass allein die Beitragszahler hierfür aufkommen müssen“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Auch der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, sieht Politik und Steuerzahler anstelle der Sozialversicherung in der Pflicht.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte vorgestern neben den Altenpflegern auch Pflegekräften in Krankenhäusern einen baldigen Bonus in Aussicht gestellt. In einem ersten Schritt hatten die Gewerkschaft Verdi und der Pflegearbeitgeberverband BVAP eine Tarifvereinbarung über eine Sonderzahlung von 1.500 Euro für Altenpfleger geschlossen. Zur Finanzierung sagte Heil vor wenigen Tagen der Neuen Osnabrücker Zeitung, die Sonderzahlungen sollten „in einer fairen Art und Weise“ refinanziert werden.
Vertreter von Pflegeeinrichtungen hatten bisher erwartet, dass die Heimbetreiber die Auszahlung von Prämien an ihre Pflegekräfte sofort mit den Pflegekassen abrechnen können. Die Gesamtkosten werden auf rund eine Milliarde Euro geschätzt.
Ohne eine eigene Finanzierungsregelung müssten die Prämien voraussichtlich großteils von den Pflegebedürftigen über höhere Zuzahlungen getragen werden. Eine noch unveröffentlichte Studie das arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, die der FAZ vorliegt, beziffert die einmaligen Mehrkosten pro Kopf in der ambulanten Pflege auf etwa 355 Euro, pro Pflegebedürftigem im Pflegeheim im Durchschnitt auf rund 980 Euro.
Kritik kam von Linken und FDP. Die pflegepolitische Sprecherin der Linken, Pia Zimmermann, erklärte, das Gerangel sei unwürdig. Die Bundesregierung müsse endlich ein Finanzierungskonzept für die Pflege vorlegen. Der Pflegemindestlohn reiche nicht aus. „Wir brauchen endlich einen bundeseinheitlichen, allgemeinverbindlichen Tarifvertrag.“
Die pflegepolitische Sprecherin der FDP, Nicole Westig, sprach von einem „erschreckenden Chaos“. Offenbar habe Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) es versäumt, ein vernünftiges Finanzierungskonzept für den Bonus abzustimmen. Die Prämie dürfe keinesfalls zulasten von Pflegebedürftigen gehen.
Auch die Pflegekammer Niedersachsen forderte Bundesregierung, Länder und Träger auf, CoronabBonuszahlungen für alle Pflegekräfte sicherzustellen. Den Worten müssten Taten folgen, sagte Kammerpräsidentin Nadya Klarmann in Hannover. Die jetzige Diskussion sei ein Schlag ins Gesicht der Pflegenden.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält ungeachtet der ungeklärten Finanzierung an der geplanten Sonderprämie für Pflegebeschäftigte fest. Ziel der Regierung sei es, „dass es einen Bonus in der Altenpflege geben kann und soll“, sagte Spahn heute.
Die Finanzierung der Sonderzahlung in Höhe von bis zu 1.500 Euro soll „in den nächsten Tagen“ geklärt werden, wie Spahn ankündigte. Es gehe darum, bei dem geplanten Bonus „zu einer fairen Verteilung für die Kosten“ zu kommen. Es müsse geklärt werden, welchen Teil Bund, Pflegekassen und Länder beziehungsweise die Arbeitgeber tragen. Wichtig sei, alle Berufsgruppen in der Altenpflege in den Blick zu nehmen.
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