Medizin

Gesamtmortalität nach COVID-19-Impfungen geringer als nach Infektionen mit SARS-CoV-2

  • Donnerstag, 22. Dezember 2022
/picture alliance, Robin Utrecht
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Indianapolis – Offenbar schützen Impfungen gegen COVID-19 besser vor gesundheitlichen Folgen als SARS-CoV-2-Infektionen. So fiel in einer Kohortenstudie mit mehr als 500.000 Personen die Gesamtmortalität nach COVID-19-Impfungen deutlich niedriger aus als nach SARS-CoV-2-Infektionen.

Zudem waren weniger Besuche in der Notaufnahme oder Krankenhausaufenthalte unter den Geimpften notwendig - unabhängig davon, welche Ursache zugrunde lag. Dabei traten jedoch erneute Infektionen nach einer Ansteckung mit dem Virus signifikant seltener auf. Die Ergebnisse der Beobachtungsstudie wurden im American Journal of Public Health (2022, DOI: 10.2105/AJPH.2022.307112) veröffentlicht.

Die bisher vorliegenden Daten zum Schutz vor Durchbruch- oder Reinfektionen mit SARS-CoV-2 und möglichen gesundheitlichen Folgen nach Impfungen oder Infektionen sind nicht eindeutig. Zudem ist über den zeitlichen Verlauf der schützenden Wirkung früherer Infektionen und Impfungen vor Reinfektionen sowie etwa auf die Gesamtmortalität und Krankenhausaufenthalte in einer Real-World-Population nur wenig bekannt.

Daten von mehr als 250.000 gematchten Paaren analysiert

Forschende um Wanzhu Tu, Indiana University School of Medicine und the Fairbanks School of Public Health, gingen daher dieser Frage in einer Kohortenstudie nach. Sie hatten sich in ihrer Studie nicht auf COVID-19-spezifische Folgen, sondern auf alle Auswirkungen wie Gesamtmortalität oder Krankenhausaufenthalte aus jedwedem Grund fokussiert. Ihrer Meinung nach spiegelt dies ein breiteres Spektrum der gesundheitlichen Folgen nach COVID-19 wider.

Die Analyse beruhte auf Daten aus Patientenakten sowie auf bundesstaatweiten Angaben zu Testergebnissen und Impfstatus. Aus den Daten des US-Bundesstaats Indiana bildete die Arbeitsgruppe eine Kohorte von 267.847 Paaren im Alter zwischen 12 und 110 Jahren. Dabei stellte sie einer Person mit mindestens einer Impfung gegen COVID-19 eine Person mit einer früheren SARS-CoV-2-Infektion gegenüber.

Die Paare waren angepasst an Alter, Geschlecht, dem COVID-19-Risikoscore gemäß den Centers of Disease Control and Prevention (CDC) sowie dem Indexdatum (± 15 Tage). Letzteres war definiert als 30 Tage nach der ersten Impfung beziehungsweise nach der Infektion.

Mehr SARS-CoV-2-Infektionen bei Geimpften, aber geringere Gesamtmortalität

Insgesamt ergab sich eine signifikant höhere kumulative Inzidenz für Durchbruch- oder Reinfektionen mit SARS-CoV-2 unter den geimpften Personen im Vergleich zu den Personen mit einer früheren Infektion (p<0,001). Die Infektionsrate fiel 6 Monate nach dem Indexdatum in der Gruppe der Geimpften mehr als doppelt so hoch aus: 6,7 versus 2,9 %.

Umgekehrt verhielt es sich hinsichtlich der kumulativen Inzidenz der Todesfälle jedweder Ursache. Es verstarben signifikant weniger Geimpfte als ehemals Infizierte (p<0,001). Hier betrugen die Raten 6 Monate nach dem Indexdatum 0,32 und 0,51 %. Das entsprach einer Reduktion um 37 % durch die Impfung.

Ähnliche Ergebnisse zugunsten der Impfung zeigten sich auch für alle Besuche in der Notaufnahme und für alle Krankenhausaufenthalte (je p<0,001). Ein halbes Jahr später lagen die Raten für die geimpften versus den ehemals infizierten Menschen bei 5,0 versus 6,6 % sowie bei 1,2 versus 1,9 %. In der Gruppe der Geimpften gingen somit Besuche in der Notaufnahme um 24 % und Krankenhausaufenthalte um 37 % zurück.

Impfung mit Vorteilen in allen untersuchten Altersgruppen

Weiteren Analysen zufolge profitierten alle evaluierten Altersgruppen (ab 12 Jahren) von einer Impfung. Hinsichtlich der Gesamtmortalität ergab sich ein besonders ausgeprägter Effekt bei den ab 60-Jährigen. Demnach betrugen die Mortalitätsraten unter den 60- bis 79-Jährigen 1,4 % bei den Geimpften und 2,2 % bei den ehemals Infizierten. Die entsprechenden Angaben für die ab 80-Jährigen lagen bei 8,7 beziehungsweise 12,9 %.

In der Altersgruppe der 12- bis 19-Jährigen waren die Mortalitätsraten in beiden Gruppe mit < 0,1 % sehr niedrig und unterschieden sich nicht signifikant (p=0,5). Allerdings mussten die geimpften jungen Patientinnen und Patienten seltener in die Notaufnahme (5,0 versus 6,9 %) und ins Krankenhaus (0,3 versus 0,6 %).

„Unsere Ergebnisse bestätigen die Bedeutung der Impfung als einen essenziellen Public-Health-Faktor, um den gesundheitlichen Folgen der SARS-CoV-2-Pandemie entgegenzuwirken“, heben die Forschenden hervor.

Jedoch könnten trotz der gut aufeinander abgestimmten Kohorten noch Unterschiede zwischen den beiden Gruppen bestehen, so das Team weiter. So ließe sich argumentieren, dass die geringere Mortalität unter den Geimpften auf ein weniger riskantes Verhalten zurückzuführen sei, wie Masken tragen, Händedesinfektion oder Social Distancing. Dagegen würde aber sprechen, dass die Geimpften sich deutlich häufiger infizierten.

Insgesamt sei der deutliche Rückgang bei den gesundheitlichen Folgen jedweder Ursache wie Mortalität, Aufsuchen der Notaufnahmen oder Krankenhausaufenthalte bei den geimpften Personen jedoch bemerkenswert, wie die Autorinnen und Autoren schreiben, „vor allem, wenn man die höhere Infektionsrate bei den Geimpften im gleichen Zeitraum berücksichtigt.“

aks

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