Omikron: Impfungen und frühere Erkrankungen senken das Übertragungsrisiko

San Francisco – Menschen, die trotz Impfung und/oder einer früheren Infektion erneut an COVID-19 erkranken, geben das Virus seltener an andere Menschen weiter als Personen ohne eine Immunität gegen SARS-CoV-2. Dies zeigen Erfahrungen, die in den Gefängnissen von Kalifornien während der ersten Omikronwelle im Winter 2021/22 gemacht wurden und die jetzt in Nature Medicine (2023; DOI: 10.1038/s41591-022-02138-x) publiziert wurden.
In Gefängnissen ist der Bewegungsraum der Insassen und der Kontakt zu anderen Gefangenen streng reglementiert. Dies erleichtert es Epidemiologen, die Übertragungswege zu rekonstruieren und das Übertragungsrisiko abzuschätzen, das von einem Infizierten ausgeht.
Ein Team um Nathan Lo von der Universität von Kalifornien in San Francisco hat die Erfahrungen der ersten Omikronwelle in den 35 staatlichen Gefängnissen in Kalifornien ausgewertet. Von den 111.687 Insassen hatten sich damals 22.334, also jeder 5., mit SARS-CoV-2 infiziert und dies obwohl 81 % der Insassen die Grundimmunisierung und 59 % einen Booster erhalten hatten. Für viele Insassen war es zudem nicht die erste Erkrankung an COVID-19.
In den engen Gefängniszellen war das Übertragungsrisiko hoch. Obwohl die Insassen nach einer Erkrankung sofort isoliert wurden, betrug das durchschnittliche Übertragungsrisiko 30 %.
Bei geimpften Bewohnern mit Durchbruchinfektionen war die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung signifikant geringer: 28 % gegenüber 36 % bei ungeimpften Insassen. Aber die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung stieg mit zunehmendem Abstand zur letzten Impfung alle 5 Wochen um 6 %.
Die natürliche Immunität durch eine frühere Infektion hatte ebenfalls eine schützende Wirkung. Das Risiko von Indexpersonen, andere Insassen zu infizieren, betrug 23 % für jemanden mit einer erneuten Infektion gegenüber 33 % für jemanden, der noch nie infiziert war.
Am geringsten war das Übertragungsrisiko nach einer hybriden Immunität: Genesene Personen mit einer zusätzlichen Impfung übertrugen das Virus zu 40 % seltener an andere Insassen als Personen ohne Infektion und Impfung. Nach einer alleinigen Impfung sank das Risiko nach den Berechnungen von Lo um 22 % und bei einer alleinigen Immunität durch frühere Infektionen um 23 %.
Dass sich trotz der hohen Impfquote so viele Insassen infizierten, lässt Lo daran zweifeln, dass sich eine Epidemie in den beengten Verhältnissen eines Gefängnisses durch Impfungen allein aufhalten lässt. Zum Zeitpunkt der ersten Omikronwelle standen allerdings nur Impfstoffe gegen den Wildtyp zur Verfügung.
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