Vermischtes

Geschwister prägen den Charakter weniger als gedacht

  • Donnerstag, 1. September 2022
/Irina Schmidt, stock.adobe.com
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Wellington – Psychologen gehen schon seit über einem halben Jahrhundert der Frage nach, ob es einen Un­terschied für die Persönlichkeitsentwicklung macht, mit Schwestern oder mit Brüdern aufzuwachsen. Immer noch kursieren widersprüchliche Erkenntnisse darüber, ob Brüder und Schwestern Einfluss nehmen.

Und zwar darüber, wie sehr ihre Geschwister „geschlechtskonforme“ Eigenschaften annehmen, also Merkmale, die in der Gesellschaft als „typisch männlich“ oder „typisch weiblich“ gelten.

Die statistische Auswertung von mehr als 80.000 Erwachsenen (Altersdurchschnitt: 33 Jahre, 52 Prozent weib­lich) aus neun Ländern (USA, Großbritannien, Niederlande, Deutschland, Schweiz, Australien, Mexiko, China und Indonesien) hat ergeben, dass Persönlichkeitseigenschaften wie beispielsweise Risikobereitschaft, emo­tio­nale Stabilität, Gewissenhaftigkeit und Geduld nicht systematisch mit dem Geschlecht der Geschwister zu­sammenhängen.

Die Stichprobe bestand im Detail aus 85.887 Teilnehmern, wovon 55.203 ein jüngeres Geschwister, 50.909 ein älteres Geschwister und 20.225 beides hatten. Es wurden ebenfalls keine signifikanten kausalen Auswirkun­gen des Geschlechts des nächst jüngeren Geschwisters und dem Geschlecht des nächstälteren Geschwisters identifiziert.

Sämtliche Ergebnisse waren statistisch nicht signifikant und Standardabweichungen lagen jeweils in einem engen Bereich, zum Beispiel zwischen -0,03 und 0,02 unter Berücksichtigung des Geschlechts des jüngeren Geschwisters oder zwischen -0.05 und +0.04 unter Berücksichtigung des Geschlechts des älteren Geschwisters.

Angesichts der hohen statistischen Aussagekraft und der konsistenten Ergebnissen in der Gesamtkohorte und den relevanten Teilstichproben schlussfolgern die Studienautoren, dass das Geschlecht von Geschwistern die Persönlichkeit nicht wesentlich beeinflusst.

„Unsere Ergebnisse widerlegen die Idee, dass das Aufwachsen mit Brüdern oder Schwestern dazu führt, dass wir langfristig bestimmte Persönlichkeitseigenschaften entwickeln, die in einer Gesellschaft als ‚typisch weib­lich‘ oder ‚typisch männlich‘ gelten,“ erläuterte Studienautorin Julia Rohrer von der Universität Leipzig.

Insgesamt lege die aktuelle Studienlage nahe, dass Geschwister einen überraschend geringen Einfluss auf die Persönlichkeit im Erwachsenenalter haben. Zudem zeigten frühere Studien der Arbeitsgruppe in Leip­zig, dass auch die Geschwisterposition – also ob man zum Beispiel Erstgeborener oder Sandwichkind ist – keine große Rolle für die Persönlichkeit spiele.

cw

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