Gesetzliche Krankenversicherung verbucht Defizit von fast sechs Milliarden Euro

Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat im vergangenen Jahr das höchste Defizit ihrer Geschichte verbucht. Wie das Bundesgesundheitsministerium gestern Abend unter Berufung auf vorläufige Ergebnisse mitteilte, summierten sich die Fehlbeträge der Krankenkassen 2021 auf rund 5,8 Milliarden Euro.
2020 hatte der Fehlbetrag noch knapp 2,7 Milliarden Euro betragen. „Die Pandemie hat die Bilanzen der Krankenkassen auch im vergangenen Jahr deutlich geprägt“, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die GKV stehe „vor großen finanziellen Herausforderungen“.
Es sei aber bisher über einen zusätzlichen Bundeszuschuss und den Abbau der Finanzreserven gelungen, „dass die Beitragszahler nicht übermäßig belastet worden sind“. Ziel sei es auch für das laufende und das kommende Jahr, „die Beiträge möglichst stabil zu halten“.
Die größten Defizite meldeten laut Ministerium die AOK (4,16 Milliarden Euro) und die Ersatzkassen (576 Millionen). Es folgten die Betriebskrankenkassen mit 480 Millionen Euro vor den Innungskrankenkassen mit 409 Millionen Euro.
Die Finanzreserven der Krankenkassen standen zum Stichtag 31. Dezember 2021 bei rund elf Milliarden Euro, wie das Ministerium weiter mitteilte. Dies entspreche „in etwa einer halben durchschnittlichen Monatsausgabe“. Im vergangenen Jahr wurden dabei rund acht Milliarden Euro aus den Finanzreserven abgeführt, um die Beiträge stabil zu halten.
Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten im vergangenen Jahr bei nahezu unveränderten Versichertenzahlen einen Zuwachs von 5,4 Prozent auf 274,5 Milliarden Euro. Insgesamt erhöhten sich die Ausgaben der GKV gegenüber 2020 um rund 14 Milliarden Euro. Davon entfiel fast die Hälfte auf die Ausgabensteigerungen im Krankenhausbereich und bei den Arzneimitteln.
Bei den Krankenhausausgaben verbuchten die Kassen 2021 einen Anstieg von rund 3,6 Milliarden Euro (+ 4,4 Prozent). Dabei ist laut BMG zu berücksichtigen, dass die Krankenhäuser bis Ende Dezember zusätzlich rund fünf Milliarden Euro aus Steuermitteln für freigehaltene Betten erhalten hätten. Eine wesentliche Rolle spielten dabei die Pflegepersonalkosten, die bereits 2020 aus den diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) ausgegliedert worden seien. Dafür hätten die Krankenkassen 2021 rund neun Prozent mehr als noch im Vorjahr verbucht.
Bei den ärztlichen Behandlung gab es mit 1,8 Prozent unterproportionale Zuwächse. Laut BMG habe sich das mit dem Tierarzneimittelgesetz geregelte Korrekturverfahren ausgewirkt, das ungewollte Doppelfinanzierungen für besondere ärztliche Leistungen nach dem Terminservice- und Versorgungsgesetz korrigiert habe.
Die Ausgaben für Arzneimittel steigen um 7,8 Prozent (3,4 Milliarden Euro). Die Einsparungen durch Rabattverträge wuchsen wie im Vorjahr nur sehr moderat um rund 2,2 Prozent. Die Mehrausgaben für Heilmittel beliefen sich auf 16,5 Prozent.
Die Zuwachsraten bei den Krankengeldausgaben lagen mit 4,1 Prozent nach den Jahren 2019 und 2020 mit Steigerungswerten von rund zehn Prozent nun wieder im einstelligen Bereich. Dies beinhaltet die Sonderregelung zum Bezug von Kinderkrankengeld bei pandemiebedingter Betreuung.
Die endgültigen Finanzergebnisse der Krankenkassen für das Gesamtjahr 2021 sollen ebenso wie die Daten des 1. Quartals 2022 Mitte Juni 2022 vorliegen.
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