Gesundheitsdaten: Registergesetz soll im Herbst kommen

Berlin – Das seit langem erwartete Gesetz zur Stärkung medizinischer Register soll noch in diesem Jahr kommen: Voraussichtlich im Herbst werde die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, erklärte sie in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Das Registergesetz soll helfen, eine dezentrale Forschungsdateninfrastruktur aufzubauen, um Gesundheitsdaten künftig besser nutzen zu können. Es muss dazu zentrale Fragen wie die nach der Harmonisierung der mehr als 400 medizinischen Register in Deutschland oder aber nach Datenstandards, Interoperabilität und Zugriffsmöglichkeiten klären.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) arbeitet daran, die Forschungs- und Gesundheitsdatenstruktur in Deutschland auf völlig neue Beine zu stellen. Selten musste es deshalb so viele derart komplexe Gesetzesvorhaben aufeinander abstimmen.
Das Haus von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) arbeitet derzeit parallel am Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG), dem Digitalgesetz (DigiG), mit dem unter anderem Zugang zu und Zugriff auf die elektronische Patientenakte (ePA) geregelt werden soll, sowie am Registerdatengesetz, das Nutzbarkeit und Zugang zu medizinischen Registerdaten für Forschung und Versorgung stärken soll.
Hinzu kommt, dass alle drei Vorhaben eng mit noch größeren Gesetzen aus anderen Häusern koordiniert werden müssen: dem Forschungsdatennutzungsgesetz, das derzeit im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) entsteht, und dem Brüsseler Großprojekt eines Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS), das ebenfalls parallel zur deutschen Gesetzgebung kommen soll.
Das BMG betonte zuletzt, DigiG und GDNG parallel auszugestalten. Laut einer Arbeitsplanung des Ministeriums,soll im Juni oder Juli ein Kabinettsbeschluss vorliegen. Auf Anfrage der Unionsbundestagsfraktion erklärte die Bundesregierung nun, den Entwurf für ein Registerdatengesetz im Herbst vorzulegen.
Wie lange es beim Forschungsdatengesetz noch dauern wird, gab die Bundesregierung hingegen nicht an: Die konzeptionellen Arbeiten würden derzeit laufen, das BMBF habe zunächst die interessierten Kreise und Stakeholder zur Konsultation einberufen. „Die Rückmeldungen zur Stakeholderkonsultation werden nun ausgewertet und werden Grundlage weiterer Überlegungen sein“, erklärte die Bundesregierung zum Stand der Entwicklung.
Das könnte durchaus problematisch sein, denn: „Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz und das Forschungsdatengesetz werden eng aufeinander abgestimmt. Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz wird dabei als sektorspezifisches Gesetz speziellere Regelungen für die Nutzung von Gesundheitsdaten enthalten.“ Demnach wäre eine Vorlage des BMBF-Gesetzes vor jenem aus dem BMG eigentlich günstiger gewesen.
Noch fünf Sitzungswochen hat der Bundestag bis zur Sommerpause, neun weitere folgen bis Jahresende. Kalendarisch ist das Jahr damit aus parlamentarischer Sicht fast zur Hälfte vorbei. Und ausweislich der Antworten der Bundesregierung, die betont, an den straffen Zeitplänen festhalten zu wollen, sind noch einige zentrale Fragen in diesen Gesetzesvorhaben weiter ungeklärt.
Das gilt zum Beispiel für die Frage, in welchem Umfang forschende Unternehmen in Deutschland antragsberechtigt bei Forschungsdatenzentren sein sollen. „Die Bundesregierung prüft, ob künftig der angestrebte Nutzungszweck als Voraussetzung für einen Antrag auf Datenzugang maßgeblich sein sollte, statt eine abschließende Liste nutzungsberechtigter Stellen vorzugeben“, antwortet sie darauf. Das entspreche auch den Vorschlägen im EU-Kommissionsentwurf für das GDNG aus dem Mai 2022.
Auch ob künftig bereits vorliegende Daten mit Hilfe von Registerabfragen und zwischenbehördlichen Datenaustauschen nachgenutzt werden können, steht noch nicht fest. „Die konzeptionellen Überlegungen zum Forschungsdatengesetz laufen“, heißt es dazu. „Daher kann derzeit keine Aussage darüber getroffen werden, ob und ggf. welche Forschungsklauseln Teil des Forschungsdatengesetzes werden.“
Gleiches bei den Bedingungen des Datenzugangs für Institute und Unternehmen: „Da die inhaltlichen Überlegungen zu den verschiedenen datenbezogenen Gesetzgebungsvorhaben noch nicht abgeschlossen sind, kann noch nicht abschließend beantwortet werden, unter welchen Bedingungen anonymisierte und nicht personenbezogene Daten für Forschung im öffentlichen Interesse genutzt werden können.“
Entsprechend dürftig fällt auch die Antwort zur Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Zugangs aus: „Überlegungen zu etwaigen Datenzugängen sind noch nicht abgeschlossen“, schreibt die Bundesregierung. „Soweit die jeweiligen Gesetzentwürfe Zugänge enthalten sollten, würden Aspekte der Diskriminierungsfreiheit und Vertraulichkeit berücksichtigt werden.“
Konkrete Fortschritte kann die Bundesregierung immerhin beim Dateninstitut vermelden: Im Koalitionsvertrag war dessen Aufbau festgeschrieben worden. Es soll demzufolge Datenverfügbarkeit und -standardisierung vorantreiben sowie Datentreuhändermodelle und Lizenzen etablieren.
Wie die Bundesregierung nun erklärte, unterliegt die Freigabe der Haushaltsmittel zum Aufbau des Instituts einem qualifizierten Sperrvermerk. Allerdings sei das Konzept zur Beantragung der Freigabe der Mittel nun finalisiert worden und werde im Anschluss dem Haushaltsausschuss vorgelegt. Nach Entsperrung der Haushaltsmittel sollen die Verfahren zur Einrichtung des Dateninstituts eingeleitet werden, die von der Gründungskommission vorgeschlagenen wurden.
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