Politik

Gesundheitsminister gegen Fanrückkehr bis 31. Oktober

  • Dienstag, 11. August 2020
/picture alliance, PRO SHOTS, Thomas Bakker
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Berlin – Die Gesundheitsminister der Länder haben sich geschlossen gegen eine Rück­kehr von Fußballfans in die Bundesligastadien zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgespro­chen. Sie seien „zu einer einhelligen Position gekommen, dass wir ausgehend von der jetzigen pandemischen Lage es nicht befürworten, die Stadien zu öffnen“, sagte die Ber­li­ner Ge­sundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) gestern Abend als Vorsitzende der Gesund­heits­minis­terkonferenz.

„Gesundheitspolitisch befürworten wir zurzeit zumindest bis zum 31. Oktober die Öffnung der Stadien nicht. Danach kann man noch mal aufgrund der Lage miteinander diskutie­ren.“ Kalayci hatte sich zuvor mit ihren Ressortkollegen und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit den Plänen der Deutschen Fußball Liga (DFL) befasst.

„Wir sehen das Konzept der DFL als guten Willen und auch als gute Grundlage, sehen aber zwei Probleme“, sagte sie. Zum einen werde die Ausgestaltung der Hygienekonzepte den Gesundheitsämtern überlassen, die schon jetzt sehr belastet seien. Das zweite Manko sei, dass das Konzept nicht die An- und Abreise und damit „kritische Infektionsmomente“ beinhalte.

Keine vermeidbare Risken eingehen

Aufgrund der pandemischen Lage, wäre eine Rückkehr der Fans „eine falsche Signalwir­kung“. Momentan seien „eher Zurückhaltung und Vorsicht angesagt“, meinte die SPD-Po­litikerin. „Tausende Zu­schau­er in den Stadien – das passt nicht zum aktuellen Infektions­ge­sche­hen“, teilte gestern auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn via Twitter mit. „Jetzt heißt es, keine vermeidbaren Risiken einzugehen. Das Konzept der DFL ist in der Theorie gut. Entscheidend ist in der Pandemie aber die Praxis im Alltag.“

Angesichts der wieder gestiegenen Coronafallzahlen herrscht Skepsis in der Politik, wie es Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ausdrückte. „Ich habe mich sehr für den Start von Geisterspielen eingesetzt, das läuft auch hervorragend. Aber bei vollen Stadion zum Bundesligastart bin ich außerordentlich skeptisch. Ich kann es mir derzeit nicht vorstell­en“, sagte der CSU-Chef.

Es hätte auch eine verheerende Signalwirkung an die Öffentlich­keit. Sowohl was Kapazi­tä­ten im Medizinischen betreffe als auch gegenüber kulturellen Veranstaltungen. Darin herrschte auch Konsens bei der Gesundheitsministerkonferenz.

Zuvor hatte sich Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer noch positiv über das Zu­schauerkonzept der DFL geäußert. „Ich bin der Meinung, man muss ihnen jetzt die Chan­ce geben, diese Sache zu erproben“, sagte der CDU-Politiker gestern im ARD-Mittagsma­gazin. Es sei wichtig, „dass wir jetzt auch an diesem Punkt einen Schritt nach vorn gehen“.

Deutsche Fußball Liga respektiert Entscheidung

Von Massentests vor dem Stadionbesuch hält Kretschmer allerdings nichts, weil es nicht praktikabel sei. Man könne nicht so viele Menschen vorher testen, sagte er. „Das Prinzip muss sein, so wie am Arbeitsplatz, so wie beim Einkaufen muss eine Sportveranstaltung so organisiert sein, dass man sich nicht anstecken kann“, forderte er.

Die Deutsche Fußball Liga hat die vorläufige Absage der Politik an eine Stadionrückkehr der Fans zum Saisonstart klaglos akzeptiert. „Die DFL hat immer betont, dass die Ein­dämmung des Coronavirus höchste Priorität haben muss“, teilte die Dachorganisation des deutschen Profifußballs heute mit.

Sie respektiere selbstverständlich die Position der Gesundheitsminister aus Bund und Ländern in der gegenwärtigen Situation. „Seitens der DFL gab und gibt es keine Forde­rungen in Bezug auf den Zeitpunkt der Zulassung oder die Anzahl von Stadionzuschau­ern.“

Das öffentliche Meinungsbild zur geplanten Rückkehr von Fußballfans in die Stadien zum Bundesligastart ist gespalten. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur befürworteten 45 Prozent der 2.018 befragten Personen die von der DFL geplante Teilzulassung von Zuschauern ab dem ersten Spieltag – nur neun Prozent allerdings uneingeschränkt.

36 Prozent finden die Teilzulassung von Zuschauern lediglich unter dem Vorbehalt rich­tig, dass die Hygienemaßnahmen streng kontrolliert werden. 44 Prozent der Umfrageteil­nehmer sprachen sich generell gegen Spiele vor Publikum aus, was zumindest bis zum 31. Oktober auch von der Gesundheitsministerkonferenz am Montag befürwortet worden war. Zehn Prozent wollten sich nicht festlegen.

Ende Mai hatten sich in einer YouGov-Umfrage 47 Prozent gegen die Wiederaufnahme des Bundesligaspielbetriebs ausgesprochen. Lediglich 29 Prozent befürworteten damals die Fortsetzung der Saison, die ohne Zuschauer zu Ende gespielt wurde.

Die Bundesliga, die 2. Bundesliga und die 3. Liga starten am dritten Septemberwochen­ende in die neue Saison. Eine Woche zuvor steht die 1. Runde im DFB-Pokal an. Das DFL-Konzept sieht zunächst eine Rückkehr einer reduzierten Zahl von Fans ohne Stehplätze, ohne Alkohol und ohne Gästefans vor. Tickets sollen nur personalisiert vergeben werden. Damit soll das Infektionsrisiko in der Pandemie verringert werden.

dpa

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