Gesundheitsministerium begrüßt Debatte über Impfpflicht gegen Masern

Berlin – Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat die neuerliche Debatte über eine Impfpflicht gegen Masern begrüßt. Ein Sprecher wies heute in Berlin allerdings darauf hin, dass die Gespräche darüber noch liefen und er daher keinen Sachstand wiedergeben könne. Jedenfalls mache sich das Ministerium große Sorgen über die Zunahme der ansteckenden Krankheit.
Der BMG-Sprecher erinnerte daran, dass bereits in der vergangenen Legislaturperiode einige verschärfende Regeln beschlossen wurden, darunter eine verpflichtende Impfberatung für Eltern, die ihre Kinder in Kitas schicken wollen. Man wolle jetzt schauen, wie diese Maßnahmen griffen.
SPD-Fraktionsvize und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte dem Redaktionsnetzwerk RND heute gesagt, er sei über eine Impfpflicht mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Gespräch und „zuversichtlich, dass wir demnächst einen entsprechenden Vorschlag vorlegen können“.
Angesichtes einer Häufung von Krankheitsfällen in mehreren Regionen hatte die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) kürzlich wiederholt eine Impfpflicht gefordert. Masernerkrankungen seien extrem ansteckend und potenziell tödlich, hieß es von der Fachgesellschaft.
„Auch aufgrund der immer wieder auftretenden schweren Epidemien stehen wir für eine Impfpflicht für Kinder“, sagte Jakob Maske, Berliner Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. Versuche, das Problem anders in den Griff zu bekommen, seien bislang gescheitert. In Deutschland setze man seit Jahren auf Freiwilligkeit, doch noch immer sei der Impfschutz nicht ausreichend.
„In den Praxen der niedergelassenen Ärzte häufen sich zurzeit Fälle von Masern. Sowohl aus medizinischer als auch ethischer Sicht ist es zwingend geboten, die Impfraten zu erhöhen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen. Es sei „grob fahrlässig und töricht“ Kinder nicht impfen zu lassen. „Bislang können wir nur immer wieder aufklären und an den gesunden Menschenverstand der Eltern appellieren. Doch notfalls muss auch eine Impfpflicht her“, betonte der KBV-Chef.
Die Landesärztekammer Thüringen unterstützte heute den SPD-Vorstoß. „Das finden wir richtig gut“, sagte eine Sprecherin heute. Sollte sich dies nicht umsetzen lassen, sei als Minimalkompromiss zumindest eine Impfpflicht für Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen erforderlich. Spahn selbst hatte sich zu seiner Zeit als Gesundheitspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bereits für verpflichtende Masernimpfungen für Kinder stark gemacht.
Es gibt aber auch Gegenstimmen. Die Grünen im Bundestag stehen einer Impfpflicht skeptisch gegenüber. Statt auf Zwang und Sanktionen zu setzen müsse man das Vertrauen in eine gute Beratung stärken und auf herrschende Verunsicherungen eingehen, sagte die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche den Zeitungen des RND. Sie forderte dafür eine „Aufwertung des öffentlichen Gesundheitsdiensts und bessere personelle Ausstattung“.
Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) sieht die SPD-Forderung nach einer Masern-Impfpflicht für Kinder ebenfalls skeptisch. Zwar sei es wichtig die Masernimpfquoten zu erhöhen, sagte sie. „Überzeugung ist aber besser als Zwang“. Eine Impfpflicht solle nur als „letzte Möglichkeit“ in Erwägung gezogen werden, wenn andere Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen würden. Ihr Ziel sei es, die Bevölkerung wissenschaftlich fundiert zu informieren und sie damit zu motivieren. Damit schließt sich Huml den Bundes-Grünen an.
Anlass für die erneute Debatte ist eine verstärkte Häufung von Masernfällen – auch in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte im Januar berichtet, dass weltweit die Zahl der Fälle von Masern 2017 um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen ist. Zu einem Anstieg kam es demnach zuletzt auch in der WHO-Region Europa: 2017 seien dort 23.927 Menschen erkrankt – 2016 waren es nur 5.273.
Auch internationale Organisationen warnen massiv vor einer alarmierenden Zunahme von Masernfällen: Weltweit hätten im vergangenen Jahr 98 Länder ein stärkeres Auftreten der Virusinfektion registriert als im Vorjahr, heißt es in einem aktuellen Bericht des UN-Kinderhilfswerks Unicef.
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