Gesundheitsverbände fordern Update für den Einsatz von digitalen Gesundheitsanwendungen

Berlin – Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) können seit vier Jahren unter bestimmten Voraussetzungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden. Elf Gesundheitsverbände ziehen zum Jahresende eine durchwachsene Bilanz und mahnen eine Weiterentwicklung an.
Dazu gehören unter anderem der Bundesverband Informationswirtschaft (Bitkom), der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), der Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) und der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed).
DiGA müssten aus Sicht der elf Verbände verbreiteter werden. Es brauche „einfachere Verschreibungs- und Einlöseprozesse stärken Nutzung und Vertrauen“, heißt es in einem Aufruf der Verbände. Wichtig sei zudem eine „faire und innovationsorientierte Finanzierung“ – dazu benötigten DiGA eine Preisbildung, die ihren tatsächlichen Mehrwert abbilde.
„Innovationsgrad, Indikation und Versorgungsnutzen müssen berücksichtigt werden – inklusive schnellerer Verfügbarkeit in der Therapie und strukturierter Nachsorge“, so die Verbände. Außerdem sollten bürokratische Regelungen entfallen, zum Beispiel sogenannte Zwei-Faktor-Pflichten.
Hintergrund ist, dass für die Nutzung von DiGA häufig eine Zwei-Faktor-Authentifizierung erforderlich ist, um besonders hohe Datenschutz- und Sicherheitsvorgaben zu erfüllen. Nutzer müssen sich dabei mit zwei unabhängigen Identifikationsmerkmalen anmelden – etwa Passwort und Einmalcode. Laut den Verbänden hemmt dies die Verbreitung der Anwendungen.
„Die 2021 durch die Schiedsstelle beschlossene Rahmenvereinbarung sollte Planungssicherheit schaffen, ist aber bis heute geprägt von überbordender Regulierung, komplexen Verfahren und einer Preislogik, die Innovationen nicht gerecht wird“, argumentiert der BVMed auf seiner Webseite.
Gerade in einem Markt, der hohe technische, klinische und regulatorische Anforderungen erfüllen müsse, wirkten diese Vorgaben zunehmend hemmend. Die aktuelle Rahmenvereinbarung erzeuge Unsicherheit und der Markt drohe zu stagnieren, bevor sein volkswirtschaftliches und gesundheitliches Versorgungspotenzial überhaupt gehoben sei, argumentieren die Verbände.
Eine andere Sicht vertreten die Krankenkassen. Wie der GKV-Spitzenverband im Frühjahr dieses Jahres mitteilte, sind die Ausgaben der Kassen für Gesundheits-Apps auf Rezept deutlich gestiegen. Vom 1. September 2020 bis 31. Dezember 2024 wurden danach 861.000 DiGA in Anspruch genommen. Die Kassen haben dafür 234 Millionen Euro gezahlt.
Der Nutzen der digitalen Anwendungen ist aus Sicht der Krankenkassen oft fraglich. Von den 68 bis April diesen Jahres in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommenen Apps konnte laut Krankenkassen lediglich bei zwölf Apps der Nutzen von Anfang an durch Studien nachgewiesen werden.
Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht die DiGA kritisch. KBV-Chef Andreas Gassen rief das Bundesgesundheitsministerium auf, die Erstattung von Gesundheits-Apps zu streichen. Mit solchen Apps werde „ohne erwiesenen Nutzen viel Geld verschwendet“, kritisierte er. Es gebe keine echte Bewertung des medizinischen Nutzens, keine Kontrolle, ob diese Anwendungen überhaupt genutzt würden.
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