Gicht: Aktuelle Therapieempfehlungen werden nicht konsequent angewandt

Bonn - In den letzten beiden Jahren haben rheumatologische und allgemeinmedizinische Fachgesellschaften Leitlinien zur Therapie von Gichtpatienten aktualisiert. Dennoch entspricht die Versorgung in vielen Punkten nicht dem wissenschaftlichen Stand der Leitlinien. Eine Überischtsarbeit von Ärzten am Institut für Hausarztmedizin in Bonn fasst medikamentöse wie nicht-medikamentöse Therapieempfehlungen zusammen. Die Studie ist im Deutschen Ärzteblatt erschienen (Dtsch Arztebl Int 2017; 114(13): 215-22).
Die Lücke zwischen den Handlungsempfehlungen und dem klinischen Alltag wurde bereits in mehreren Studien gezeigt, kritistieren die die Autoren um Bettina Engel. Darunter fallen unter anderem das fehlende Monitoring unter Therapie mit harnsäuresenkenden Medikamenten und die Überversorgung mit Allopurinol bei asymptomatischen Patienten mit Hyperurikämie. Im Jahr 2014 erschien eine Kohortenstudie, die zeigte, dass in Nordrhein-Westfahlen etwa 60 Prozent der Hausärzte auch asymptomatische Patienten ohne Gichtanfälle medikamentös behandeln, wenn der Harnsäurespiegel über 8 mg/dl liegt.
Nach der aktuellen Studienlage könne eine harnsäuresenkende Therapie der asymptomatischen Hyperurikämie bei Nierengesunden jedoch nicht empfohlen werden, heißt es in der Übersichtsarbeit. Die Autoren um Engel machen darauf aufmerksam, dass trotz der hohen Prävalenz der Gicht nur wenige aussagekräftige randomisierte Studien vorliegen würden.
Es gibt aber auch positives zu vermelden: Nach langem Stillstand in den Therapieoptionen sind jetzt neue Behandlungsmöglichkeiten auf dem Markt, beispielsweise IL-1-Antagonist Canakinumab. Der monoklonale Antikörper kommt bei akuter Gicht zum Einsatz. Er ist bei bei Unverträglichkeit, unzureichender Wirkung oder Kontraindikation gegen die drei Standardtherapeutika (NSAR, Kortikoide und Colchizin) zugelassen. Bei chronischer Gicht hat die europäischen Zulassungsbehörde EMA im Februar 2016 Lesinurad positiv bewertet. Der urikosurische Wirkstoff aus der Gruppe der URAT1-Inhibitoren ist bei therapierefraktären Patienten unter Standardtherapie (XOH oder Probenecid) in Kombination mit einem Xanthinoxidase-Hemmer zugelassen.
In welchem Ausmaß diese neuen Therapieoptionen zur Geltung kommen werden, bliebe jedoch abzuwarten, heißt es in der Überischtsarbeit.
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