Politik

Bundesrat stoppt GKV-Sparpaket

  • Freitag, 21. November 2025
/Achim Wagner, stock.adobe.com
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Berlin – Die Bundesländer haben in der Diskussion um die Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) den Vermittlungsausschuss angerufen. Im Plenum des Bundesrates gab es heute eine große Mehrheit für einen Antrag aus Thüringen.

Über einen Entschließungsantrag von Bayern, Hessen und Thüringen, welcher zumindest die Hoffnung auf eine Zusicherung der Bundesregierung vorsah, eine neue gesetzliche Regelung für die Auswirkungen der Finanzen auf die Krankenhäuser zu schaffen, wurde nicht mehr abgestimmt. Eine während der Sitzung vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) erarbeitete Protokollnotiz zum Gesetz war den Ländern offenbar zu vage formuliert.

Damit muss der Vermittlungsausschuss bis spätestens zum 19. Dezember eine Lösung finden – dann ist die nächste Sitzung des Bundesrates, in der über das Verhandlungsergebnis abgestimmt werden kann. Kommt bis dahin kein Gesetz zustande, gibt es keine Entlastungen für die GKV-Finanzierung. Auch kann das Gesetz zur Befugnisserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege, kurz BEEP, in Gänze nicht in Kraft treten, das sich eigentlich vor allem mit Fragen der Pflegeberufen und deren Ausübung beschäftigte. Auch viele anderen Themen, wie beispielsweise Kindkrank-Tage sowie die Finanzierung einiger Projekte, könnten so nicht angepasst werden.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU), die in den vergangenen Tagen mehrfach für das Gesetz und die weiteren Bestimmungen geworben hatte, äußerte sich in einer Mitteilung nach der Entscheidung des Bundesrates: „Die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch eine Mehrheit der Länder in der heutigen Sitzung des Bundesrates ist ein schlechtes Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland.“

Warken kritisierte die Länder weiter: „Diese Entscheidung wirft einen Schatten auf das gemeinsame Ziel, die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung insgesamt auf ein stabiles Fundament zu setzen, um Beitragserhöhungen zu vermeiden.“ Sie verwies in ihrer Stellungnahme auch darauf, wie sehr die Bundesregierung die Krankenhäuser unterstütze – und gleichzeitig die Länder „ihrer Finanzierungsverpflichtung seit vielen Jahren nicht ausreichend“ nachkommen.

Zur Erinnerung: Das Bundesgesundheitsministerium hatte ein „kleines Sparpaket“ in Höhe von zwei Milliarden Euro aufgelegt, um mögliche Beitragssteigerungen in der GKV zu verhindern. Mit 1,8 Milliarden Euro werden durch die Aussetzung der sogenannten Meistbegünstigungsklausel bei den Finanzen für die Krankenhäuser am meisten gespart.

Bundesländer zeigten sich in der Debatte kompromisslos

In der Debatte am Vormittag im Plenum hatten viele Ministerinnen und Minister betont, dass das ursprüngliche Gesetz „viele gute Ansätze enthalte“ sowie „wichtig für die Berufsgruppe der Pflege“ sei. Allerdings rufe man nun „aus gutem Grund“ den Vermittlungsausschuss an, sagte Manne Lucha (Grüne), Gesundheitsminister in Baden-Württemberg. „Wir lehnen das Sparpaket in dieser Form ab“, sagte er. Es „sei ein schwerer Schlag“ gewesen, als klar wurde, dass diese Einsparungen „einseitig zu lasten der Krankenhäuser“ vorgenommen werden sollen. Er, wie auch andere Ministerinnen und Minister, warnten davor, dass die Einsparung durch die Meistbegünstigungsklausel im Jahr 2026 auch in die Folgejahre betreffen würde, da sich das niedrigere Niveau ab 2027 fortsetzen würde.

Auch aus einem CDU-geführten Gesundheitsministerium kam Kritik an den Sparplänen von Bundesgesundheitsministerin Warken: „Der Weg, der hier eingeschlagen wird, wird nicht gut“, sagte Diana Stolz, Gesundheitsministerin in Hessen. Aus ihrer Sicht sei es wichtig, dass der Bund „noch einmal auf die Länder zugeht“. Es müsse eine Lösung geben, „die die Beitragszahler, aber auch die Krankenhäuser schützt“.

Der niedersächsische Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) kritisierte die Verfahrensweise zu dem Gesetz: „Wieder einmal werden wir Zeugen von einem unbeliebten Vorhaben der Bundesregierung mit unbequemen Inhalte, die eigentlich eine grundlegendere Diskussion geboten ist, aber nun am Ende des Verfahrens angedockt worden sind“, so Philippi in der Plenumsdebatte. Er halte grundsätzlich nichts von dem vorgesehenen Sparpaket: „Bei der objektiven Betrachtung ist das Sparpaket falsch.“

Denn die Einsparungen von je 100 Millionen Euro bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen seien nicht auf die Effizienzpotentiale geprüft worden, ebenso wenig wie die Kürzung beim Innovationsfonds. „Wir hätten uns ein deutlich ausgewogeneres Tableau gewünscht, dass Eingesprungen auf viele Schultern verteilt“, so Philippi, der kommendes Jahr Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) sein wird.

Die amtierende GMK-Vorsitzende Katharina Schenk (SPD) hatte den Antrag auf einen Vermittlungsausschuss in die Wege geleitet. Auch sie begrüßte grundsätzlich das Gesetz und die Regelungen rund um die Befugniserweiterung der Pflege. Aber mit den Änderungen und den geplanten Einsparungen bei den Krankenhäusern gebe es nun einen „Trittbrettfahrer, der die Krankenhäuser, die Länder und die Patienten in eine Notlage bringen“, so die Gesundheitsministerin aus Thüringen. Aus ihrer Sicht werden hier zwei Systeme – Finanzierung von Krankenhäusern und der GKV – gegeneinander ausgespielt „und das ist keine gute Idee“.

Für das Bundesgesundheitsministerium warb der parlamentarische Staatssekretär Georg Kippels (CDU) für eine Zustimmung zum Gesetz. Die Pflege werde gut ausgestattet, die Kinderkrank-Tage verlängert, die Beitragssätze könnten in der GKV so stabil gehalten werden. Auf diese Argumente hatte auch die Bundesministerin Warken in einem Schreiben Anfang der Woche hingewiesen. Daher sollten die Regelungen nun nicht an einen Vermittlungsausschuss zurück gegeben werden. Damit gehe auch Zeit verloren, „die die Krankenkassen für die Aufstellung ihrer Haushalte nicht haben“. Am 19. Dezember werden die letzten der 94 gesetzlichen Krankenkassen ihre jeweiligen Sitzungen der Verwaltungsräte stattfinden. „Ich appelliere an sie: Verzichten sie auf die Anrufung eines Vermittlungsausschusses und treffen sie jetzt eine Entscheidung.“

Der Appell von Kippels verhallte offenbar: Die Länder beschlossen bereits vor der Debatte die Abstimmung über das Gesetz ans Ende der Sitzung zu ziehen – gegen 15 Uhr wurde erst final abgestimmt. Während des weiteren Sitzungsverlaufes in den folgenden drei Stunden wurde auf den Fluren des Bundesrates offenbar viel verhandelt – zeitweilig waren die Ministerinnen, der parlamentarische Staatssekretär aber auch die Bevollmächtigten der Länder in den Fluren für Verhandlungen unterwegs.

Wie es nun weiter geht, ist am heutigen Freitag unklar: Für den Start des Vermittlungsausschusses muss zunächst der Vorsitz des Ausschusses gewählt werden – der ist noch vakant. In der kommenden Woche könnte dieser aber erstmals zusammentreten – dann tagt auch wieder der Bundestag.

bee

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