Politik

Globale Gesundheit: Rückschläge, aber auch Fortschritte

  • Dienstag, 17. Oktober 2023
Die Sachverständigen Rose Leke (links) und Catharina Böhme im Unterausschuss Globale Gesundheit im Bundestag/Screenshot DÄ
Die Sachverständigen Rose Leke (links) und Catharina Böhme im Unterausschuss Globale Gesundheit im Bundestag/Screenshot DÄ

Berlin – Bei der Erreichung der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Develop­ment Goals, SDG) gibt es im Bereich Gesundheit bereits einige Fortschritte, aber auch Rückschläge. Über den aktuellen Stand berichtete Catharina Böhme, stellvertretende Generaldirektorin für Außenbeziehungen und Governance bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO), gestern vor dem Unterausschuss Globale Gesundheit des Gesundheitsausschusses im Bundestag.

Bis 2030 arbeiten alle Länder der Vereinten Nationen (UN) an 17 SDG. Diese Ziele gelten seit 2016 und sollen in verschiedenen Bereichen insbesondere Armut bekämpfen und Ungleichheiten reduzieren. Eines der Ziele handelt von Gesundheit und dem Wohlergehen der Menschen.

Das SDG 3 sieht demnach vor, ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters zu gewährleisten. Dazu gehören die konkreten Ziele, die Sterblichkeit von Müttern und Kindern zu reduzieren, Menschen besser vor Erkrankungen zu schützen und den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu verbessern.

„Wir haben in den letzten zwei Jahrzehnten extrem viel erreicht“, betonte Böhme. Die Mütter- und Kindersterblichkeitsrate wurde halbiert. Zudem sei die durchschnittliche weltweite Lebenserwartung deutlich angestiegen. 2019 lag diese bei rund 73 Jahren, zwanzig Jahre zuvor lag sie noch bei rund 66 Jahren.

Zudem hätten 47 Länder mindestens eine vernachlässigte Tropenkrankheit eliminiert. Bei der Kinderläh­mung (Polio) gebe es außerdem in diesem Jahr nur neun Fälle. Die WHO gehe deshalb davon aus, dass das Ziel der Eliminierung von Polio bis 2025 erreicht werden könne.

Rückschläge bei Impfraten, Müttersterblichkeit und Grundabsicherung

Auf der anderen Seite gebe es auch erhebliche Stagnationen. So zeige der World Health Statistics Report 2023 die besorgniserregendsten Gesundheitsbereiche auf. Insbesondere bei der Müttersterblichkeit hätten sich die Zahlen in den vergangenen Jahren nicht verbessert, berichtete Böhme. „Jeden Tag sterben 800 Frauen, entweder während der Schwangerschaft oder Geburt.“

Auch beim Thema finanzielle Gesundheitsabsicherung seien die Trends rückläufig. „400 Millionen Menschen sind 2021 unter die Armutsgrenze gesunken, weil sie ihre Gesundheitskosten selbst tragen mussten“, so Böhme. Auch im Bereich der nicht übertragbaren Krankheiten werde die Absenkung der Sterblichkeit um ein Drittel voraussichtlich nicht erreicht.

In 42 Ländern wurde Malaria eigentlich in den vergangenen Jahren eliminiert, jetzt sei allerdings aufgrund der Klimaveränderungen wieder ein Anstieg von fünf Prozent an neuen Erkrankungen zu beobachten. Zudem gebe es Rekordzahlen bei den Erkrankungen von Dengue und Cholera und der weltweite Impfschutz zu Grunderkrankungen sei deutlich abgefallen, so Böhme. Infektionskrankheiten und Pandemierisiken würden darüber hinaus deutlich ansteigen.

Wichtig sei es deshalb die Primärversorgung zu stärken und Innovationen und Partnerschaften zu nutzen, um weitere Fortschritte zur Erreichung des SDG 3 zu erzielen. Auch im digitalen Bereich gebe es weitere Fort­schritte, die genutzt werden könnten.

Böhme forderte die Bundestagsabgeordneten darüber hinaus auf, diese Themen auf der politischen Agenda weiter sichtbar zu machen und zudem grenzübergreifend Vertrauen aufzubauen, um im Gesundheitsbereich Fortschritte machen zu können. Außerdem appellierte auch Böhme an die WHO-Mitgliedstaaten bezüglich der laufenden Verhandlungen eines Pandemievertrags. Die Notwendigkeit dieser Vereinbarung war auch Thema beim parallel stattfindenden World Health Summit in Berlin.

Außerdem war auch die Immunologin und Malariaforscherin Rose Gana Fomban Leke als Sachverständige im Ausschuss geladen. Leke erhielt den diesjährigen Virchow-Preis für Globale Gesundheit. Auch sie betonte die Notwendigkeit von Partnerschaften und Kooperationen vor Ort, die etwa Finanzierungen auf die Beine stellen und damit die Gesundheitsversorgung in vielen Ländern verbessern würden.

Der Erfolg bei der fast ausschließlichen Ausrottung von Polio – nur noch in Pakistan und Afghanistan gibt es Fälle – sei mit der engen Zusammenarbeit von Institutionen und Stiftungen zu erklären, die alle unterschiedliche Expertisen und Aufgabenbereiche hätten, erklärte Leke.

cmk

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