Glukosemangel in Nervenzellen könnte Alzheimer begünstigen
Philadelphia – Ein Glukosenmangel in neuronalen Zellen könnte für die toxische Bildung von Phosphotau mitverantwortlich sein. In Transalational Psychiatry berichten Forscher um Domenico Praticò von der Temple University, dass dies ein wichtiger Faktor in der Pathogenese von Alzheimer sein könnte (2016; doi: 10.1038/tp.2016.296).
Mithilfe eines FGD-PET lässt sich bei vielen Alzheimerpatienten ein herabgesetzter Glukosemetabolismus nachweisen. Besonders der Parietal- und der Temporallappen sind hier betroffen. Die konkrete pathologische Bedeutung dieser Veränderung ist jedoch bisher unklar. Der reduzierte Zuckerstoffwechsel könnte Folge oder auch (Mit-)Ursache des kognitiven Abbaus sein. Das Gehirn ist hochgradig abhängig von Glukose, sodass ein kausaler Zusammenhang zwischen Zuckermangel und Nervendegeneration zumindest plausibel erscheint.
In ihrer Studie nutzten die Wissenschaftler genetisch veränderte Mäuse, die humanes phosphoryliertes Tau-Protein im Gehirn akkumulierten. Um zu prüfen, wie sich ein Glukoseentzug auf den Erkrankungsverlauf auswirkte, verabreichten die Forscher einer Gruppe der Mäuse kontinuierlich 2-Deoxyglukose. Sie verglichen diese Mäuse mit einer Kontrollgruppe, die keine 2-Deoxyglukose erhielt. Der spezielle Zucker verhindert die Aufnahme von Glukose in die Hirnzellen.
Nach einigen Monaten führten sie Gedächtnistests mit den Mäusen durch. Mäuse der Experimentalgruppe schnitten in diesen Tests deutlich schlechter ab. In mikroskopischen Untersuchungen stellten die Forscher fest, dass der Glukosemangel zu einer Störung der synaptischen Funktion führte.
Die wichtigste Beobachtung war, dass die Menge von phosphoryliertem Tau-Protein durch den Glukosemangel zunahm. Phosphoryliertes Tau-Protein lagert sich typischerweise bei Alzheimer in Form neurofibrillärer Tangles ab. In weiteren Analysen konnte die Arbeitsgruppe das Protein P38 als Ursache für die Zunahme des zellschädigenden Proteins identifizieren. Offensichtlich führte der Glukosemangel zu einer Aktivierung von P38.
Die Forscher vermuten auf Grundlage der Ergebnisse, dass der Glukosemangel ein treibender Faktor in der Entstehung von Alzheimer ist. Wenn es jedoch möglich wäre, die Aktivierung von P38 zu unterbrechen, könnte man die Bildung des phosphorylierten Tau-Proteins verlangsamen, vermuten die Wissenschaftler.
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