Gutachter: Kostenfreies Schulessen, Extrasteuer auf zuckerhaltige Getränke

Berlin – Ein kostenfreies hochwertiges Essen in Kitas und Schulen, eine Extrasteuer auf zuckerhaltige Getränke und Einschränkungen bei Lebensmittelwerbung, die an Kinder gerichtet ist. Diese Schritte sind aus Sicht von Regierungsberatern unter anderem notwendig, um die Ernährung in Deutschland nachhaltig, gesund und sozial gerecht zu machen.
Es brauche mehr „Steuerungsimpulse“ aufseiten des Konsums, sagte Harald Grethe von der Humboldt-Universität zu Berlin, der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz, heute in Berlin. Das 19-köpfige Beratergremium hat heute ein neues Gutachten an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) übergeben.
Deutschland sei international „eher ein Nachzügler“ bei der Steuerung des Konsums, erklärte Grethe. Derzeit werde zu viel Verantwortung auf die Konsumenten und ihre Kaufentscheidung übertragen und der Einfluss der Umgebung – etwa des Angebots, der Werbung oder der Preise – unterschätzt. Man wolle keine „Ernährungsdiktatur“, der Staat solle aber stärker gestalten.
Klöckner sagte, Verbraucher müssten befähigt werden, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. „Wir werden keine Ernährungspolizei in Deutschland einsetzen oder etablieren“, sagte sie. Klöckner stellte die Frage in den Raum, wie kostenloses Schulessen finanziert werden solle. Es brauche aber Mindeststandards.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) rief die Bundesregierung angesichts der Vorschläge der Wissenschaftler zum zügigen Handeln auf. „Der Beirat attestiert Bundesernährungsministerin Julia Klöckner jede Menge Nachholbedarf in ihrer Ernährungspolitik“, sagte vzbv-Vorstand Klaus Müller.
Um Verbrauchern eine gesunde und nachhaltige Ernährung zu ermöglichen, bedürfe es klarer, verständlicher und verbindlicher Kennzeichnungsregeln. Die Nährwertampel Nutri-Score habe die Bundesregierung in dieser Woche endlich auf den Weg gebracht. Sie müsse sich jetzt auf europäischer Ebene vehement für ein europaweit verpflichtendes Label einsetzen.
Information und Aufklärung allein aber reichen nicht, so Müller. Gleichzeitig müsse sich auch das Ernährungsumfeld und das Lebensmittelangebot verändern. Insbesondere Kinder und Jugendliche benötigten besonderen Schutz.
Deshalb müsse Klöckner „umgehend ein Gesetz auf den Weg bringen, das das an Kinder gerichtete Marketing für ungesunde Lebensmittel einschränkt.“ Notwendig seien gesetzlich festgelegte Höchstmengen für Zucker, Fett und Salz in allen Lebensmitteln mit Kinderoptik.
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