Ausland

H5N1: Elf Kontakte von infiziertem Kind in Kambodscha nicht infiziert

  • Montag, 27. Februar 2023
/picture alliance, Xie Zhengyi
/picture alliance, Xie Zhengyi

Genf – Bei der humanen H5N1-Infektion eines elfjährigen Mädchens in Kambodscha kam es zu keiner Mensch zu Mensch Transmission. Zwar wurde auch der Vater des verstorbenen Mädchens positiv auf das Vogelgrippe-Virus H5N1 getestet, nicht aber elf weitere Kontakte des Mädchens, die teils Grippesymptome hatten, teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestern in Genf mit.

Der Vater, der keine Krankheitsanzeichen zeigte, befinde sich in einem Krankenhaus in Isolation. „Nach den bisherigen Erkenntnissen infiziert das Virus Menschen nicht leicht und die Übertragung von Mensch zu Mensch scheint ungewöhnlich zu sein“, erklärte die WHO.

In Kambodscha dauere die Untersuchung an, wie genau sich Vater und Tochter infiziert haben. In der Gegend, in der sie leben, sollen in den vergangenen Wochen ungewöhnlich viele tote Wildvögel gefunden worden sein.

Es sind die ersten Vogelgrippe-Infektionen bei Menschen in Kambodscha seit 2014. Weltweit gab es zwischen 2003 und 2023 gut 860 bestätigte humane H5N1-Infektionen, davon fast 460 Todesfälle. Das geht aus einem WHO-Update im Januar 2023 hervor.

Die meisten Fälle traten zwischen 2003 und 2009 auf. In Europa gab es zwei Fälle im Jahr 2022 in Spanien (ohne Todesfolge) und 16 Infektionen in der Türkei (davon 4 Todesfälle) zwischen 2003 und 2009. „Die Sterb­lichkeitsrate bei Infizierten liegt im Laufe der Jahre bei mehr als 50 Prozent“, sagte Sylvie Briand, Direktorin der Abteilung für Epidemie- und Pandemievorsorge und -prävention der WHO.

Erik Karlsson Twitter 26022023
Erik Karlsson ,Twitter 26.2.2023

H5N1-Genom aus Kambodscha sequenziert

Gestern gab der Virologe Erik Karlsson vom National Influenza Center of Cambodia zudem auf Twitter bekannt, dass das H5N1-Genom in­ner­halb von weniger als 24 Stunden sequenziert wurde und in der Datenbank GISAID verfügbar sei (siehe Abbildung).

Die Klade von H5N1 in Kambodscha unterscheidet sich demnach von der aktuellen europäischen Klade 2.3.4.4b. „Diese Information ist für unser Verständnis dieses Falles von entscheidender Bedeutung, da die Klade 2.3.2.1c in Südostasien seit etwa zehn Jahren endemisch ist und die Übertragungsfähigkeit von Mensch zu Mensch nicht nachgewiesen wurde.“

Generell sei die genaue Kenntnis des H5N1-Genotyps sehr wichtig, teilte die Pressestelle des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf Nach­frage mit. „Doch selbst wenn es der derzeit international dominie­rende 2.3.4.4.b wäre, würde dies keine höhere Alarmstufe auslösen.“

Bisher bleibe es bei wenigen Einzelinfektionen durch intensiven Kontakt mit infiziertem Geflügel, was bei der Viruslast insbesondere bei Geflügel nicht so ungewöhnlich sei, so die Einordnung des FLI und weiter: Wichtig sei die zeitnahe Untersuchung und Charakte­risierung des Virus.

Zudem helfe der Genotyp dabei, das Geschehen einzuordnen. „Die beiden Fälle in Kambodscha sind unabhängig von denen bis 2014 zu sehen, die durch einen anderen H5N1-Genotypen hervorgerufen wurden“, erklärte das FLI.

Derzeit bereitet die größte jemals dokumentierte Ausbreitung aviärer Influenza vielen Forschenden Sorge. Infektionen waren in den vergangenen Monaten auch bei Säugetieren wie Seelöwen, Waschbären, Füchsen, Bären und Mardern nachgewiesen worden. Briand erwähnte in ihrer Rede daher nicht nur die H5N1-Ausbreitung bei Vögeln, sondern auch Fälle bei Säugetieren und Menschen.

Auch der Virologe Christian Drosten, Berliner Standortleiter der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen, hält die derzeitige Entwicklung um H5N1 für beachtenswert, wie er dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) (noch vor dem Vorfall in Kambodscha) mitteilte:

Bisher komme es zu keiner besorgniserregenden Häufung der Übertragung auf den Menschen, geschweige denn zu einer irgendwie auffälligen Mensch-zu-Mensch Übertragung. „Der Zeitpunkt einer hinreichenden Anpassung an den Menschen lässt sich nicht vorausbestimmen“, so Drosten im Interview, das in Ausgabe 9/2023 des erscheinen wird.

WHO-Wissenschaftler empfiehlt H5N1-Impfstoff-Entwicklung

Regierungen auf der ganzen Welt sollten in einen H5N1-Impfstoff investieren und Versuche der Phasen 1 und 2 durchführen, um sich auf einen möglichen Ausbruch beim Menschen vorzubereiten, so der britische Forscher Jeremy Farrar, der seit 2023 leitender Wissenschaftler der WHO ist (Reuters).

Er würde es begrüßen, wenn die Pharmaindustrie zumindest einige klinische Versuche für alle Grippestämme durchführen würde, damit die Welt nicht bei Null anfangen müsste, um im Bedarfsfall eine globale Produktion zu starten. Auch Drosten sprach sich im -Interview dafür aus, Vorbereitungen zur Impfstoffentwicklung zu treffen.

gie/dpa

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