Ärzteschaft

Hausärzte wollen telefonische AU zurück

  • Donnerstag, 17. September 2020
/picture alliance, Fotostand, Schmitt
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Berlin – Der Hausärzteverband fordert angesichts der steigenden Zahlen von grippalen Infekten die zügige Rückkehr zur telefonischen Krankschreibung. Eine große Mehrheit der Delegierten der Herbstsitzung des Deutschen Hausärztetages stimmte einem entsprechen­den Antrag zu.

Zuvor hatte Verbandsvorsitzender Ulrich Weigeldt in seiner Rede an die Delegierten betont, dass der Verband stark dafür geworben hatte, die Möglichkeit einer telefonischen Arbeits­unfähigkeitsbescheinigung per Telefon zu verlängern.

„Wir sollten bei dieser patienten- wie praxisentlastenden Regelung dauerhaft bleiben können“, so Weigeldt vor den Delegierten. Es sei eine zusätzliche Option und keine Pflicht, so bei bekannten Patienten in der Grippesaison umzugehen. Hier sei nun auch die Selbst­verwaltung gefordert, zügig Schritte umzusetzen.

Bei der nun bevorstehenden Grippeimpfung erwartet der Hausärzteverband ein steigendes Interesse von Patientinnen und Patienten. Weigeldt betont, dass dafür genügend Impfdosen vorhanden sein müssten und die Distribution „flexibler gestaltet werden muss.“ Es dürfe nicht zu regionalen Lieferengpässen kommen. Außerdem dürfe es nicht zu Regressen kommen, falls doch weniger Interesse am Impfstoff bestehe.

„Es kann nicht sein, dass die Ärzteschaft zum Impfen aufgefordert wird und gleichzeitig Regresse fürchten muss, weil sie die Abnahmemenge im Vorhinein nur schwer einschätzen konnte.“

Seine Stellvertreterin, Anke Richter-Scheer, erklärte im Vorfeld der Delegiertenversammlung, dass nun im Winter ein Umdenken in den Arztpraxen, bei den Patienten, aber auch in der Zusammenarbeit mit den anderen Versorgungsträgern geschehen müsse. So müssten Praxen sich – je nach regionalen und räumlichen Gegebenheiten – neu organisieren und Infekt­patienten von Nicht-Infektpatienten besser trennen. Dabei helfen aber keine Vorgaben aus der Politik, das müsse jede Praxis für sich selbst organisieren können.

Auch müsse Patienten klar werden, dass sie ohne Anruf vorab nicht mehr in die Praxen kommen, damit das Ansteckungsrisiko gemindert werde. Und Krankenhäuser sollten nicht zu viele Vorgaben machen, wann ein Patient nach der Entlassung erneut getestet werden muss. Auch die Betreuung von Patienten in extra eingerichteten Testzentren sei nicht immer optimal. „Bei vielen Patienten bleiben dann noch Fragen, die nur ein Hausarzt klären kann“, so Richter-Scheer vor Journalisten.

Vor den Delegierten mahnte Weigeldt, dass in die politischen Entscheidungen mehr Rat von Hausärzten einfließen solle. „Während die Politik und die Medien vor allem den Rat von Virologen einholen, haben wir in enger Abstimmung mit der DEGAM auf allen Ebenen versucht, Einfluss zu nehmen, um eine vernünftige Strategie nach den Grundsätzen von Epidemiologie und Evidenz im Umgang mit der Pandemie zu erreichen.“ Es sei „enttäuschend“, dass die hausärztliche Rolle und Leistung in dieser Pandemie nicht adäquat wahrgenommen werde.

„Die hausärztlichen Praxen waren der Garant, die Krankenhäuser nicht in Überforderungs­situationen zu bringen, viele andere haben sich in der Zeit vom Acker gemacht und sind in den Urlaub gefahren“, so Weigeldt mit Blick auf viele fachärztlichen Praxen. Außerdem kritisiert der Verband, dass die Medizinischen Fachangestellten (MFA) nicht von der Coronaprämie für Pflegekräfte in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen profitieren sollen.

In einem Antrag forderten die Delegierten, dass auch die MFAs und Versorgungsassistenzen in den Praxen von dem steuerfinanzierten Bonus profitieren sollten. Ebenso forderten die Delegierten, dass die MFAs auch in einer Nationalen Teststrategie erwähnt werden sollen, damit es die Möglichkeit für kostenfreie Tests gibt. MFAs seien eine Hochrisikogruppe, die einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt seien, heißt es in einem Antrag, der mit großer Mehrheit abgestimmt wurde.

Heftige Kritik äußerten Weigeldt und Richter-Scheer am derzeitigen Stand der Digitali­sierung in den Arztpraxen und der bundesweiten Pläne. Für Weigeldt sind da momentan keine Fortschritte erkennbar.

„Es ist schon dreist, wenn angesichts der vielen Pannen und Ungereimtheiten im Gesetz allein klar formuliert wird, was wir zu erwarten haben, wenn wir nicht sofort zu 100 Prozent alle technischen Anforderungen erfüllen können und wollen.“

bee

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