Ärzteschaft

Hausärzte wollen verschreibungs­pflichtige Arzneimittel abgeben können

  • Freitag, 19. Oktober 2018
/Alexander Raths, stock.adobe.com
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Frankfurt am Main – Deutschlands Hausärzte wollen eigenständig verschreibungspflichtige Medikamente an ihre Patienten abgeben können. Damit könnten „die Ressourcen besser genutzt werden, gerade auf dem Land“, wie der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte. Derzeit dürfen lediglich Apotheken solche Arzneimittel aushändigen.

Die Frage, welche Arzneimittel in Arztpraxen vorgehalten werden könnten, ließ Weigeldt im Gespräch mit der Zeitung offen. Ein komplettes Sortiment bereitzuhalten, sei jedenfalls nicht das Ziel. „Wir können und wollen die Apotheken nicht ersetzen“, sagte der Ärztevertreter.

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel (CDU), zeigte sich offen für den Vorschlag. Man dürfe sich neuen Versorgungsformen nicht verschließen, sagte er der FAZ. Zugleich warnte er davor, die Hausärzte zu überfordern. „Ärztliche Versorgung wird von Jahr zu Jahr mehr ein knappes Gut, so dass ich aktuell nicht die Kapazitäten für zusätzliche Aufgaben bei den Ärzten sehe“, sagte Rüddel.

Apotheker sehen Idee kritisch

Deutschlands Apotheker lehnen eine direkte Medikamentenabgabe durch die Hausärzte ab. „Ärzte können Apotheker so wenig ersetzen, wie Apotheker Ärzte ersetzen können“, erklärte der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Friedemann Schmidt. Apotheker hätten durch ihre spezialisierte Ausbildung in Sachen Arzneimittel „in der Regel einen klaren Kompetenzvorsprung“ vor den Medizinern. Dies nütze den Patienten.

Schmidt betonte, die Trennung der ärztlichen Tätigkeit von der Abgabe von Arzneimitteln sei aus gutem Grund ein Eckpfeiler unseres Gesundheitssystems“. Sie schütze den Arzt davor, „in seiner Therapieentscheidung durch wirtschaftliche Erwägungen kompromittiert zu werden“. Er sehe auch gar keinen Anlass, an der bestehenden Regelung etwas zu ändern, erklärte Schmidt. „Wir haben in Deutschland eine gute flächendeckende Arzneimittelversorgung durch Präsenzapotheken, Tag und Nacht, an 365 Tagen im Jahr. Da braucht es keine Ersatzlösung.“

Kritik an der Idee kommt auch von den Grünen. „Bei ca. 50.000 zugelassenen verschreibungspflichtigen Arzneimitten, von denen ein großer Teil auch noch vor Ort vorrätig gehalten wird, können nicht einfach Hausärzte einen Teil dieser Versorgung übernehmen“, sagte Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik.

Gerade bei Mehrfachmedikationen sei für Patienten auch die pharmazeutische Kompetenz unverzichtbar, welche Apotheker im dezidierten Studium erlernten. Die strikte Trennung von Verschreibung und Abgabe solle die Patienten zudem vor ökonomischen Interessen bei der Behandlung schützen. „Die Abgabe von Medikamenten durch Ärzte sollte sich daher auch in Zukunft nur auf Fälle beschränken, in denen dies im Patienteninteresse ist“, sagte sie. Dies würde beispielsweise bedeuten, den Entlassungsprozess von Patienten aus dem Krankenhaus zu überarbeiten.

Dagegen zeigte sich der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach offen für die Idee. „Eine Möglichkeit für Hausärzte, selbst Medikamente an Patienten abzugeben, ist grundsätzlich zu begrüßen“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Über eine dafür notwendige Rechtsänderung werde er mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprechen.

Es gebe viele Situationen, in denen die Versorgung der Patienten durch eine entsprechende Reform verbessert werden könnte, sagte Lauterbach. Als Beispiele nannte er Hausbesuche, Pflegeeinrichtungen und Schmerzpatienten. Allerdings dürften Hausarztpraxen nicht zu Apotheken werden. „Ein Apothekensterben wäre fatal für die Versorgungssicherheit der Menschen gerade auf dem Land“, warnte Lauterbach.

Erst vor wenigen Tagen hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärt, dass Apotheker Aufgaben von Ärzten übernehmen könnten. Dies sei etwa beim Impfen möglich, sagte Spahn beim Apothekertag in München. Dies hatte beim Deutschen Hausärzteverband zu deutlichem Widerspruch geführt.

afp

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