Herzbericht zeigt Rückgang kardiologischer Eingriffe im Pandemiejahr 2020

Berlin – Die Hospitalisationsrate ist im Jahr 2020 bei vielen Herzkrankheiten verglichen mit 2018 durchschnittlich um fast zehn Prozent gesunken. Das stellt die Deutsche Herzstiftung (DHS) heute in ihrem veröffentlichten Herzbericht fest. Sorge aufgrund einer COVID-bedingten Rückläufigkeit im Pandemiejahr 2020 macht sich die DHS insbesondere bei den elektiven Eingriffen. Zudem warnten sie vor den Folgen der nicht heilbaren Herzinsuffzienz.
Eine deutliche Abnahme der herzchirurgischen und kardiologischen Eingriffe konnte auch noch nach der Alters- und Geschlechtsstandardisierung beobachtet werden: Aufgrund einer ischämischen Herzkrankheit kamen im ersten Pandemiejahr 2020 11,4 Prozent weniger Patienten ins Krankenhaus als noch 2018 (691,7/100.000 Einwohner versus 613,0).
Eine Hospitalisierung aufgrund von Herzrhythmusstörungen nahm um 9,9 Prozent ab (520,7/100.000 versus 469,1). Eine Herzinsuffizienz sorgte für 9,3 Prozent weniger Krankenhausaufenthalte (486/100.000 versus 441,7), eine Herzklappenkrankheit für 5,5 Prozent und eine angeborene Fehlbildung für 4,0 Prozent weniger Hospitalisierungen.
Ein besonderes Augenmerk legte die DHS heute auf die nicht heilbare Herzinsuffzienz, die erst 2019 mit einer alters- und geschlechtsstandardisierten Hospitalisierungsrate von 510 pro 100.000 Einwohnern einen neuen Höchststand erreicht hatte. Der Rückgang von 2019 auf 2020 betrug demzufolge sogar 13,4 Prozent, was einer absoluten Zahl von fast 58.000 Patienten entspricht.
Das Niveau der vollstationären Aufnahmen ordnen die Herzexperten dennoch weiterhin als hoch ein. Zudem sei die Herzinsuffzienz mit mehr als 65.000 Todesfällen pro Jahr ein Hauptfaktor für den plötzlichen Herztod.
Welche Rolle die COVID-19-Pandemie und gegebenenfalls aufgrund der Pandemie vermiedene Hospitalisierungen für die Rückläufigkeit in der kardiologischen und herzchirurgischen Versorgung in 2020 spielen, könne derzeit auf Basis der verfügbaren Daten noch nicht beurteilt werden, heißt es im Herzbericht.
Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung ist dennoch überzeugt: „Die deutlich rückläufigen Krankenhausaufenthalte sind sicherlich den logistischen Problemen während der Pandemie in 2020 geschuldet“, sagte der Kardiologe und Intensivmediziner heute bei der Pressekonferenz und weiter: Negative Folgen aufgrund des erschwerten Zugangs zur kardiologischen Versorgung seien in den nächsten Jahren zu erwarten.
Weniger geplante Eingriffe im ersten Pandemiejahr
Zu den elektiven Eingriffen, für die eine Reduktion in 2020 nachgewiesen werden konnten zählen (2018 versus 2020): Koronarangiographien (minus 6 Prozent), perkutane Koronarinterventionen (PCI: minus 5 Prozent), sowie Aortenklappenersatz (AKE: minus 27,0 Prozent), Schrittmacher-Implantationen (minus 3,2 Prozent) und ICD-Implantationen (minus 10 Prozent).
Herzklappeneingriffe, wie die Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) nahmen im Vergleich zu 2018 um 2,4 Prozent zu. Der Vergleich zu 2019 zeigt jedoch einen Rückgang isolierter TAVI-Eingriffe um 11,7 Prozent (2020: 21.544 versus 2019: 24.386; Quelle: Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen, IQTIG). Diesen erstmaligen Rückgang schreiben die Autoren des Herzberichts am ehesten der COVID-19-Pandemie zu.
Ein positives Fazit zieht der Herzbericht bezüglich der Rückläufigkeit beim akuten Herzinfarkt, die sich auch im Jahr 2020 vorgesetzt hat. Währned im Jahr 2020 noch 105,1/100.000 Einwohner aufgrund eines akuten Myokardinfarkts starben, waren es 2018 noch 51,5, 2019, 48,5 und 2020 47,8/100.000. Dennoch bleiben Herz-Kreislauferkrankungen, insbesondere Herzinsuffizienz und chronische KHK weiterhin mit Abstand die häufigste Todesursache (2020: 338.001 Verstorbene).
Die Herzberichtautoren gehen zudem von einem hohen Anteil an KHK-Patienten aus, die an oder mit COVID verstorben sind. Denn Herzpatienten hatten bei COVID-19 ein 2-3-fach erhöhtes Risiko zu versterben. Zu den 10 häufigsten Todesursachen der ICD-10 ist eine Position (U07) neu dazugekommen, die erstmals in der Statistik auftaucht: An COVID-19 mit unklarer Ätiologie (COVID-19, mit oder ohne COVID-Nachweis) verstarben fast 40.000.
Der Deutsche Herzbericht hat drei neue Kapitel aufgenommen: Reha-Medizin, Versorgungsstrukturen und Komorbiditäten. Zudem werden Forschungsförderungen dargestellt: zirka 4 Millionen Euro durch die DHS.
Der Deutsche Herzbericht wird von der DHS zusammen mit den ärztlichen Fachgesellschaften, den Deutschen Gesellschaften für Kardiologie (DGK), für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) sowie für Kinderkardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) alljährlich herausgegeben und steht kostenfrei als PDF zur Verfügung.
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