Herzgesellschaften fordern erneute Diskussion um Widerspruchslösung bei den Organspenden

Berlin – Die Zahl der Organspenden in Deutschland ist im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. Herzgesellschaften in Deutschland fordern daher, die Widerspruchslösung bei den Organspenden erneut auf die Agenda zu stellen.
Ein erster Anlauf pro Widerspruchslösung war im Januar 2020 gescheitert. Seitdem hat sich die Organspendesituation nicht verbessert, vielmehr ist die Kluft zwischen der Zahl schwerkranker Menschen auf den Wartelisten für ein Spenderorgan und den verfügbaren Organen für eine Transplantation gestiegen.
„Die Lage ist hoch dramatisch“, warnt Andreas Böning, Präsident der Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG). Den 358 Herztransplantationen im Jahr 2022 stünden deutschlandweit mehr als 700 schwer herzkranke Menschen auf den Wartelisten gegenüber, die dringend ein Spenderherz benötigten.
„Wir befürworten den Anlauf des Bundesgesundheitsministers für eine erneute Abstimmung des Bundestags über die Einführung der Widerspruchslösung in Deutschland mit dem Ziel, die Zahl der Spenderorgane zu erhöhen“, betont der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK).
Karl Lauterbach hatte nach der Bekanntgabe der neuen Organspendezahlen gefordert, der Bundestag sollte einen erneuten Anlauf nehmen, über die Widerspruchslösung abzustimmen. Dies sei man denjenigen schuldig, die vergeblich auf Organspenden warteten, so der Minister. „Das geltende Gesetz ist gescheitert“, sagte der SPD-Politiker.
Auch die Deutsche Herzstiftung als Patientenvertretung der Herz-Kreislauf-Medizin unterstützt diesen Ansatz. „Nur mit ausreichend verfügbaren Spenderherzen können wir Patientinnen und Patienten mit schwer geschädigtem Herzen eine Perspektive geben“, sagt dessen Vorstandsvorsitzender Thomas Voigtländer.
Ebenso sieht es die Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK). „Es braucht auch für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit schweren Herzmuskelerkrankungen zwingend die Widerspruchslösung“, fordert dessen Präsident Matthias Gorenflo.
Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sind die Organspenden im Jahr 2022 um 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Die Zahl der Spenderherzen bewegt sich laut den Gesellschaften auf einem sehr niedrigen Niveau, sie stieg um 0,6 Prozent von 310 postmortal gespendeten Herzen (2021) auf 312 im Jahr 2022 an.
Die Gesellschaften weisen darauf hin, dass die Widerspruchslösung in 20 europäischen Ländern gilt.
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