Politik

Honorare: Krankenkassen wollen Orientierungswert einfrieren, Ärzte verärgert

  • Donnerstag, 29. September 2022
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Berlin – Der Orientierungswert sollte eingefroren werden, die Punktwertzuschläge sollten unverän­dert blei­ben. Mit diesem Anliegen haben sich die Krankenkassen in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des GKV-Finanz­sta­bi­lisierungsgesetzes an den Gesetzgeber gewendet. Die Ärzteschaft reagierte empört.

Für das Jahr 2024 solle der Bundestag nach Vorschlag der Krankenkassen regeln, dass „kein Beschluss zur An­passung des Orientierungswertes durch den Bewertungsausschuss zu treffen ist“, wie es in der Stellung­nahme wörtlich heißt.

Der für 2023 gültige Orientierungswert von 11,4915 Cent solle damit auch für das Jahr 2024 gelten. Ebenso sollten die Zuschläge nach Vorstellung der Krankenkassen für die regionalen Punkt­werte der Jahre 2023 und 2024 auf dem Stand des Jahres 2022 festgeschrieben werden.

Das ganze solle als „strukturelle Maßnahme zur Ausgabensicherung“ für den vertragsärztlichen Bereich gelten, erklärte der GKV-Spitzenverband. Einen Inflationsausgleich und eine Kostensteigerung aufgrund der gestiegene Energiepreise würden damit in den kommenden Jahren nicht berücksichtigt werden.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist entsprechend verärgert. „Einen solchen Affront der Kassen­seite hat es noch nie ge­ge­ben“, erklärten KBV-Vize Stephan Hofmeister und KBV-Vorstand Thomas Kriedel. Man werde nun gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereini­gungen deutliche Konsequenzen ziehen und sich dazu schnellstmöglich ab­stimmen.

Der GKV-Spitzenverband ignoriere „kaltschnäuzig die Arbeit“ der Niedergelassenen und ihrer Teams, betonte KBV-Chef Andreas Gassen. Die Kassenfunktionäre würden damit klar sagen, dass sie nicht bereit seien, die Struktur der ambulanten Versorgung weiterzuentwickeln und versagen notwendige Finanzmittel.

„Das heißt umgekehrt, dass die niedergelassenen Hausärzte und Fachärzte sowie die Psychotherapeuten ihre Leistungen deutlich einschränken müssen und werden. Wir müssen den Patientinnen und Patienten dann auch klar sagen, wer dafür verantwortlich ist: die Krankenkassen“, erklärte Gassen.

Er betonte, die Auswirkung einer Fixierung der Preise der Ärzte und Pspychotherpauten laufe nicht nur auf eine finanzielle Nullrunde für Praxen hinaus. Damit werde auch jeglicher Spielraum für die Vereinbarung höherer Zuschläge unmöglich gemacht. Erst vor wenigen Wochen hatte der Erweiterte Bewertungsausschuss die Steigerung des Orientierungswertes in einer Schiedsentscheidung auf zwei Prozent festgelegt – gegen die Stimmen der Ärzteschaft.

„Der Vorschlag des GKV-Spitzenverbandes läuft daher im Ergebnis nicht nur auf eine doppelte Nullrunde hinaus, sondern bedeutet durch die Inflation im Lande eine reale Mittelkürzung von acht bis zehn Prozent pro Jahr“, so KBV-Chef Gassen.

„Dieses Verhalten des GKV-Spitzenverbandes dokumentiert, dass ihm die Versorgung der Menschen in un­serem Land vollkommen egal ist. Dies kann von der KBV, den KVen und den Niedergelassenen nicht mehr toleriert werden“, führte Hofmeister aus.

Die KBV wies darauf hin, dass Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten fast 700 Millionen Behand­lungs­fälle jährlich verzeichneten. Das mache mehr als eine Milliarde Patientenkontakte. „Das leistet die ambulante Versorgung – und zwar nur sie“, so Gassen.

may

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