Ärzteschaft

Honorarentwicklung: Kassenvertreter für gemeinsame Analysegrundlage

  • Freitag, 10. August 2012

Berlin/Bad Segeberg – Angesichts der derzeit völlig unterschiedlichen Einschätzungen zur Kosten- und Preisentwicklung in Arztpraxen bei Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband Bund hat Manfred Partsch vorgeschlagen, sich für die Zukunft auf ein gemeinsames Berechnungsmodell zu verständigen. Bislang sei man bei der Analyse getrennte Wege gegangen, so der Leiter der Abteilung Ambulante Versorgung im GKV-Spitzenverband Bund.

Wegen großer Differenzen habe man das Institut des Bewertungsausschusses nicht mit entsprechenden Vorarbeiten beauftragt. Dies sei in Zukunft jedoch sinnvoll, befand Partsch: „Wir müssen für künftige Verhandlungen vereinbaren, wie man mit diesen Fragen umgeht.“

Ein Reibungspunkt bei den Honoraranalysen ist die Berücksichtigung der Kosten, die in Praxen entstehen, wenn Ärzte Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) und Leistungen für privat Krankenversicherte erbringen. Von Kassenseite wird häufig argumentiert, man bezahle diese quasi mit. Ärztinnen und Ärzte wenden dagegen ein, sie subventionierten mit privatärztlichen Einnahmen ihre Kassenpraxis. Manche Praxisinvestition sei auch nur so überhaupt finanzierbar.

Partsch hatte am Donnerstag ein Prognos-Gutachten im Auftrag seines Hauses kommentiert. Mit Hinweis auf dessen Ergebnisse schlagen die Kassen vor, bei den vertragsärztlichen Honoraren für das Jahr 2013  mehr als zwei Milliarden Euro einzusparen. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, warnte auf Basis von Analysen im Auftrag seiner Organisation vor einem Sparkurs. Durch steigende Betriebskosten und Inflation sei es bereits zu einem Investitionsstau in den Praxen gekommen.

Auch die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) warnt davor, den Orientierungswert für die Leistungen der rund 130.000 niedergelassenen Ärzte in Deutschland abzusenken. Sollte es weniger Geld geben, werde sich das auch auf Schleswig-Holstein auswirken, erklärte KVSH-Vorstandsvorsitzende Monika Schliffke. „Schon jetzt kämpfen auf dem Land immer mehr Einzelpraxen ums Überleben – wird der Geldhahn zugedreht, war’s das!“, so Schliffke.

Auch für junge Ärzte seien solche Forderungen der Kassen ein verheerendes Signal. Sie würden dadurch umso mehr von einer Niederlassung in ländlichen Gebieten zurückschrecken. Die KVSH hat die Krankenkassen deshalb dazu aufgefordert, sich ihrer Verantwortung zu stellen und die notwendigen finanziellen Mittel für die Versorgung ihrer Versicherten zur Verfügung zu stellen.

Als einen Vorgang von bisher nicht gekannter „Qualität“ bezeichnete der Vorsitzende des Hartmannbundes, Klaus Reinhardt, die Forderungen der Krankenkassen. „Einen Punktwert, der seit 1996 mit 5,11 Cent die Kalkulationsbasis des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes ist und von dem 2011 tatsächlich nur 3,5048 Cent im Rahmen der Regelleistungsvolumina zur Auszahlung gelangt sind, nunmehr für 2013 auf einen Wert von 3,25 Cent absenken zu wollen, setzt schon eine unglaubliche Chuzpe der handelnden Personen voraus", so Reinhardt.

Eine selbst in Auftrag gegebene Studie, deren alleiniges Ziel es sei, Kosteneinsparungen herauszuarbeiten sei schlicht unseriös. Reinhardt: „Nachdem jahrzehntelang nicht einmal ein kostendeckender Inflationsausgleich erfolgt ist, sollen nunmehr Kürzungen von acht Prozent vorgenommen werden.“ In Zeiten eines bereits vielerorts bestehenden Ärztemangels und zunehmender Schwierigkeiten, den ärztlichen Nachwuchs für eine kurative Tätigkeit zu gewinnen, müsse ein solches Verhalten der Krankenkassen als verantwortungslos bezeichnet werden.

Kritik am geplanten Sparkurs des GKV-Spitzenverbandes kommt auch vom Berufs­verband Deutscher Internisten (BDI). „Der Punktwert darf nicht gesenkt werden“, forderte BDI-Präsident Wolfgang Wesiack. Er warnte die Kassen davor, die Versorgung der Bevölkerung durch derartige finanziell radikale Einschnitte zu gefährden. Dem BDI zufolge überschreiten viele Vertragsärzte ihre Regelleistungsvolumina bei der Fallzahl und den Leistungen, um ihre Patienten noch sachgerecht versorgen zu können.

Dies führe dazu, dass der wahre durchschnittliche Punktwert ohnehin deutlich unter 3,5 Cent liege. Allein durch einen Inflationsausgleich müsste jedoch der Originalpunktwert jetzt auf einem Niveau von mindestens 3,7 Cent liegen, so Wesiack.

Rie/hil

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