IGeL: Debatte um Verkaufsseminare

Berlin – Die politische Diskussion um Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) geht weiter. Die Bundesregierung prüft einem Bericht der Berliner Zeitung zufolge, ob sie Verkaufsseminare für Ärzte über eine nachgeordnete Behörde weiter fördern soll, wenn diese auch IGeL-Schulungen umfassen. Die Berliner Zeitung hatte berichtet, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle fördere auf der Grundlage von Richtlinien des Bundeswirtschaftsministeriums „unternehmerisches Know-How in kleinen und mittelständischen Unternehmen und den freien Berufen“. Den geltenden Regeln zufolge könnten auch Maßnahmen der Verkaufsoptimierung gefördert werden, deshalb auch Schulungen zum Verkauf von IGeL.
Der Zeitungsartikel bezieht sich auf die Antwort auf eine Schriftliche Frage der gesundheitspolitischen Sprecherin von Bündnis 90/ Die Grünen im Bundestag, Birgitt Bender. Im Juni waren darin die Hintergründe der Förderung erläutert worden. Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Bernhard Heitzer, hatte darauf verwiesen, dass eine Förderung entsprechender Angebote „Ärzte nicht von ihren berufs- und sozialrechtlichen Pflichten gegenüber ihren Patientinnen und Patienten“ enthebe.
Verstöße dagegen hätten die ärztlichen Körperschaften zu ahnden, die Überwachung dieser Aufgabe obliege den Aufsichtsbehörden der Länder. Ähnlich hatte vor kurzem das Bundesgesundheitsministerium in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen zu IGeL argumentiert.
Ein Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erklärte auf Anfrage, aus der Teilnahme an Verkaufsseminaren könne man nicht ohne weiteres schließen, dass im Anschluss vermehrt Individuelle Gesundheitsleistungen angeboten und abgerechnet würden. Die KBV appelliere zudem seit langem an Vertragsärztinnen und –ärzte, sorgfältig mit IGeL umzugehen. Er verwies in diesem Zusammenhang auf einen unlängst überarbeiteten IGeL-Ratgeber, der sowohl auf der Homepage der KBV wie auf der der Bundesärztekammer (BÄK) herunterzuladen ist. Darin wird erläutert, was IGeL sind und worauf Patienten achten sollten.
Ärztinnen und Ärzte, die IGeL anbieten, könnten den Ratgeber ebenfalls als Leitfaden nutzen, betonte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery. Er trage mit dazu bei, bei Beratung und Aufklärung Missverständnisse zu vermeiden, und informiere über rechtliche Anforderungen.
Montgomery äußerte sich ablehnend zu den Verkaufstrainings: „Ärzte sind keine Kaufleute, und deshalb brauchen wir auch keine Verkaufsseminare für Individuelle Gesundheitsleistungen“, sagte er. „Alle wesentlichen Informationen für Patienten wie Ärzte sind in dem IGeL-Ratgeber von BÄK, KBV und zahlreichen weiteren Ärzteverbänden zusammengefasst und in Form von Checklisten aufbereitet.“
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, sagte den Zeitungen der WAZ-Gruppe vom Dienstag, die staatliche Förderung von Verkaufsseminaren für Ärzte sei ein „völlig falsches Signal“. „So etwas belastet das Arzt-/Patientenverhältnis unnötig", sagte Spahn. Auch Birgit Bender (Bündnis 90/ Die Grünen) forderte in der Berliner Zeitung vom Montag, derartige Verkaufsseminare von einer Förderung auszuschließen. Solche Beratungen unterstützten eine einseitige, tendenziöse „Aufklärung” der Patienten und zerstören das Arzt-Patient-Verhältnis.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) forderte die Bundesregierung ebenfalls auf, die Förderung von IGeL-Marketingseminaren umgehend einzustellen. „Wenn Ärzte Verkaufsstrategien trainieren, wie man Patienten unnötige medizinische Leistungen unterjubelt, belastet das das Vertrauensverhältnis zwischen Betroffenem und Helfer erheblich“, sagte der Vize-Vorstandschef des Verbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, der Saarbrücker Zeitung vom Dienstag.
Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums betonte, die Patienten müssten umfassend informiert werden und auch wissen, dass sie die Kosten selbst tragen. Im neuen Patientenrechtegesetz, das im Herbst vom Bundesrat behandelt werden solle, sei eine weitere Stärkung der Informationsrechte vorgesehen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: