Igel-Monitor kritisiert durchblutungsfördernde Infusionstherapie bei Hörsturz
Essen – Kritik an der Selbstzahlerleistung (individuelle Gesundheitsleistung, Igel) „Durchblutungsfördernde Infusionstherapie beim Hörsturz“ üben Autoren des Portals „Igel-Monitor“ in einer neuen Bewertung. Die Internetplattform hat der medizinische Dienst des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (MDS) entwickelt.
„Zwei Studien zeigen, dass behandelte Patienten am Ende nicht besser hören als Kontrollpatienten. Man weiß aber von den eingesetzten Mitteln, dass sie Nebenwirkungen haben können. Deshalb erkennt der IGeL-Monitor keine Hinweise auf einen Nutzen, aber Belege für einen möglichen Schaden“, berichten die Autoren.
Etwa drei von tausend Menschen in Deutschland erleiden jedes Jahr einen Hörsturz. Frauen und Männer erkranken gleich häufig, meist im Alter von 40 bis 54 Jahren. Der „akute idiopathische sensorineurale Hörverlust“ ist damit nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNOKHC) eine häufige Erkrankung.
Die Bewertung durch den Igel-Monitor bezieht sich im Wesentlichen auf eine Behandlung mit Pentoxifyllin oder Dextran. „Pentoxifyllin ist zwar für die Behandlung des Hörsturzes zugelassen, darf aber nicht mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden. Dextran ist in Deutschland für die Hörsturzbehandlung nicht einmal zugelassen, kann aber im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit eingesetzt werden“, berichten die Autoren des Igel-Monitors.
Die Mittel werden meist an fünf bis zehn Tagen nacheinander über eine Vene an der Hand oder am Arm als Infusion verabreicht. Eine einzelne Infusion kostet in der Regel zwischen zehn und 25 Euro, die Arzneimittelkosten von wenigen Euro pro Infusion kommen hinzu.
Um Nutzen und Schaden dieser Selbstzahlerleistung bewerten zu können, suchten die Autoren des IGeL-Monitors nach entsprechenden Studien an Patienten. Am Ende eigneten sich nur zwei der gefundenen Studien für eine Auswertung. Die beiden Studien untersuchten die Mittel Pentoxifyllin und Dextran. Allerdings schloss die eine Studie nur 184 Patienten ein, die andere gar nur 27 Patienten. Danach sehen die Autoren keinen Anhaltspunkt für einen Nutzen, aber die Möglichkeit für einen Schaden durch die Selbstzahlerleistung.
Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie teilte dem Deutschen Ärzteblatt auf Nachfrage mit, dass die entsprechende Leitlinie sich im Augenblick turnusmäßig in der Überarbeitung befindet. Die neue Ausgabe wird für Anfang 2018 erwartet.
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