Ärzteschaft

Immunescape: B.1.352 ist der wahrscheinlichste Kandidat

  • Donnerstag, 25. März 2021
/picture alliance / Hollandse Hoogte
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Berlin – Sollten die Impfstoffe gegen COVID-19 einmal nicht mehr richtig wirken und eine Anpassung erfordern, könnte dafür am ehesten die ursprünglich in Südafrika nachgewiesene SARS-CoV-2-Variante B.1.351 verantwortlich sein. Darauf wies die Münchner Virologin Ulrike Protzer gestern bei einem von Biontech gesponserten Symposium anlässlich der Jahrestagung der Gesellschaft für Virologie hin.

Mit einem Anteil von mehr als 70 Prozent sind derzeit Viren der Linie B.1.1.7 (erstmals nachgewiesen in Großbritannien) dominant in Deutschland. Aber auch die beiden anderen Variantes of Concern, B.1.351 (erstmals nachgewiesen in Südafrika) und P.1 (zirkuliert hauptsächlich im brasilianischen Bundesstaat Amazonas) seien bereits nachgewiesen worden, so die Leiterin des Instituts für Virologie an der TU Mün­chen.

Studien zeigen, dass sowohl Rekonvaleszentenserum als auch die durch die beiden mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna ausgelöste Immunantwort die Variante B.1.1.7 noch sehr gut neutralisieren können.

Dies zeigte sich Protzer zufolge zum Beispiel in Israel: „Als B.1.1.7 dort bereits 80 Prozent der zirkulie­ren­­den Viren ausmachte, konnte Comirnaty SARS-CoV-2-Infektionen, symptomatische COVID-19-Er­krankungen und schwere COVID-19-Erkrankungen noch um mehr als 90 Prozent reduzieren, Hospitali­sierungen um 87 Prozent.“

Bei der brasilianischen Variante P.1 sei die Wirksamkeit dagegen bereits etwas eingeschränkt und bei der südafrikanischen Variante B. 1.351 bereits signifikant reduziert. Bei der Frage nach Varianten, die sich den Impfstoffen entziehen könnten, könnte „B.1.135 zu einem signifikanten Problem werden“, so Protzer.
Allerdings hat das Immunsystem den Viren nicht nur Antikörper entgegenzusetzen. Die Impfungen lös­ten außerdem eine T-Zell-Antwort aus, sagte die Virologin.

Rettet die T-Zell-Antwort den Impfschutz?

Es gibt durchaus Hinweis, dass T-Zellen gegen Virusvarianten helfen könnten, die sich der Antikörperant­wort zu entziehen vermögen. So erkennen die durch die Impfung induzierten T-Zellen 30-40 Epitope auf SARS-CoV-2 – und Escape-Mutationen in T-Zell-Epitopen wurden bislang nicht nachgewiesen. Zudem überlappen die T-Zell-Epitope offenbar nur minimal mit den Antikörperepitopen.

Studien zeigen zudem, dass der überwiegende Teil der T-Zell-Antwort nach Comirnaty-Impfung sich ge­gen Epitope richtet, die in allen drei analysierten Varianten konserviert sind. „Eine breites T-Zell-Reper­toire deutet darauf hin, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Viren es schaffen werden, der T-Zell-Im­munität zu entgehen“, sagte Protzer.

Und dennoch, so Protzer weiter, zeigten aktuelle Studienergebnisse, dass es B.1.135 offensichtlich ge­lingen kann, der durch den Impfstoff ausgelösten Immunantwort zu entgehen – obwohl das Vakzin eine T-Zell-Antwort hervorrufe.

Dem aktuellen Wissenstand zufolge seien somit sowohl mRNA- auch Adenovirus-basierte Vakzine in der Lage, die Variante B.1.1.7 effektiv zu neutralisieren. Doch bei der Variante B.1.351 sei sowohl die klini­sche Schutzwirkung von ChAdOx1 (Astrazeneca) als auch die neutralisierende Kapazität von durch mRNA-Vakzine ausgelösten Antikörpern reduziert. „Und die Rolle der T-Zell-Immunität ist noch weitgehend ungeklärt“, schloss die Virologin.

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