Ärzteschaft

Impfen: Kinder- und Jugendärzte kritisieren Rabattverträge

  • Montag, 16. Oktober 2017

Berlin – Die Rabattverträge der Krankenkassen zu Impfstoffen müssen abgeschafft werden. Das hat der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) heute gefordert. BVKJ-Präsident Thomas Fischbach bezeichnete den uneinheitliche Umgang der Kranken­­kassen mit der Erstattung der Grippeimpfung als „großes Hindernis auf dem Weg zu besseren Impfraten“.

Fischbach zufolge werden Ärzte durch Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Herstellern gezwungen, nur bestimmte Impfstoffe zu verwenden. Nutzen sie andere Impfstoffe, die sie im Rahmen ihrer Therapiefreiheit für angebrachter halten, drohe ihnen ein Regress. „Diese Vorauswahl an Impfstoffen führt zum Beispiel im Bereich Nordrhein zu der absurden Situation, dass von den zwei einsetzbaren Impfstoffen einer nicht für Kinder unter fünf Jahren zugelassen ist und der andere mit einer festen Kanüle versehen ist, die für kleine Kinder nicht geeignet ist“, sagte Fischbach.

Kinder- und Jugendärzte könnten also Kleinkinder nicht mit den von den Kranken­kassen vorgesehenen Impfstoffen impfen. Noch unübersichtlicher werde die Situation dadurch, dass einige wenige Kassen die Grippeimpfung für alle Versicherten und einige Kassen nur bis zum 18. Lebensjahr bei Patienten ohne erhöhte gesundheitliche Gefähr­dung erstatten. In diesen Fällen dürfe der Arzt den Impfstoff nicht aus seinem Vorrat nutzen, sondern muss für jeden Patienten ein eigenes Rezept ausstellen.

„Dieser unnötige Bürokratismus ist ein Riesenhindernis auf dem Weg zu besseren Impfraten und gehört abgeschafft. Ärzte müssen im Rahmen der Therapiefreiheit die Impfstoffe, bei denen es durchaus Unterschiede gibt, selbst auswählen könnten“, mahnte Fischbach. Dazu müssten die Rabattverträge abgeschafft werden, die teilweise noch über 2020 hinaus laufen würden.

Der BVKJ-Präsident wies zudem darauf hin, dass es – wie schon in den vergangenen Jahren – durch die Rabattverträge auch aktuell wieder zu Lieferengpässen komme. „Wir können dann unsere Patienten, viele von ihnen behinderte Kinder, die auf den Grippe­schutz dringend angewiesen sind, nicht impfen und setzen sie dem Risiko aus, schwer krank zu werden“, erläuterte Fischbach. Er forderte die Krankenkassen auf, die Rabatt­verträge zu beenden und der Einschätzung des Bundesministeriums für Gesund­heit (BMG) zu folgen, das diese Rabattverträge für unzulässig hält.

Über diese Position gibt es allerdings Streit. Das BMG hatte exklusive Verträge zwischen Kassen und Industrie für hinfällig erklärt. Grundlage sei eine Reform aus diesem Jahr. Allerdings hatte das Landesssozialgericht Niedersachsen-Bremen kürzlich entschieden, dass Krankenkassen bestehende Altverträge nicht einfach kündigen können.

may/EB

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