Ärzteschaft

Impfkampagne konnte Affenpocken eindämmen

  • Montag, 7. November 2022
/picture alliance, EPA, CHRISTOPHE PETIT TESSON
/picture alliance, EPA, CHRISTOPHE PETIT TESSON

Berlin – Die Impfkampagne gegen Affenpocken hat in Deutschland gut funktioniert und konnte die im Sommer schnell ansteigenden Fallzahlen eindämmen. Das betonte die Deutsche Arbeitsgemeinschaft am­bulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin (DAGNÄ) in einem aktuellen Papier, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.

Im Frühjahr 2022 stieg weltweit die Zahl nachgewiesener Affenpockeninfektionen stark an. In Deutschland verzeichnete der Ausbruch im Sommer seinen Höhepunkt, vor allem betroffen waren Hotspotregionen wie Berlin oder große Städte in Nordrhein-Westfalen. Anfang Juni empfahl die Ständige Impfkommission (STIKO) schließlich eine Impfung als Postexpositionsprophylaxe und Indikationsimpfung für Risikogruppen.

Als Impfstoff kam der Pockenimpfstoff Imvanex, beziehungsweise Jynneos von Bavarian Nordic zum Einsatz. Imvanex ist in der Europäischen Union seit Juli 2022 für den Schutz gegen Affenpocken für Personen ab 18 Jahren zugelassen. In den USA ist diese Vakzine unter dem Namen Jynneos ebenfalls gegen Affenpocken bei Erwachsenen zugelassen.

Die Bundesregierung be­schaffte den Impfstoff und stellte ihn dem öffentlichen Gesundheitsdienst, niedergelassenen infektiologi­schen HIV-Schwerpunktzentren sowie Klinikambulanzen zur Verfügung.

Zu Anfang waren die Vakzine allerdings sehr knapp und die Nachfrage hoch. In den Sommermonaten warte­ten die Ambulanzen und Praxen nach einer ersten Lieferung von rund 45.000 Dosen lange auf Nachschub. Erst Ende September kam hierzulande eine größere Lieferung der Impfstoffe an.

Die Impfkampagne war insgesamt effektiv, resümierte die DAGNÄ. Im November 2022 seien kaum noch MPX-Fälle zu verzeichnen, seit Juli seien die Zahlen zudem deutlich gesunken. Und: „Bisher ist zudem keine Aus­brei­tung der MPX-Infektionen in die Allgemeinbevölkerung zu beobachten.“

Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) schreibt auf seiner Webseite: „Seit August 2022 war die Zahl der wöchentlich ans RKI übermittelten Fälle rückläufig, im Oktober wurden bisher unter 20 Fälle pro Woche an das RKI übermittelt.“

Impfka­mpagne, vorsichtiges Verhalten und Quarantäne haben geholfen

Die Gründe für die erfolgreiche Eindämmung sind nach Angaben der Infektiologen vielfältig. Vor allem die Impfkampagne habe eine wichtige Rolle gespielt, aber auch das vorsichtige Eigenverhalten der Risikopopula­tionen sowie eine gewisse Infektionsprävalenz und Quarantänemaßnahmen hätten den Ausbruch innerhalb weniger Monate eindämmen können.

Geholfen hätten etwa der rasche Einsatz des Impfstoffs im Off-Label-Use, die hohe Impfbereitschaft sowie eine pragmatische und lösungsorientierte Kommunikations- und Verteilungsweise.

Allerdings äußerte die DAGNÄ auch Kritik. So hätte ein stärkerer bundeseinheitlicher Rahmen, was die Ein­bindung der Kassenärztlichen Vereinigungen oder Melderoutinen anbetrifft, einem Flickenteppich unter­schiedlicher Strategien vorbeugen können.

Eine weitere große Herausforderung war demnach der Impfstoffmangel. Der unzureichend vorhandene Impf­stoff habe zu Verunsicherung und Frustration bei den Betroffenen geführt. Hier wäre eine frühzeitigere Kom­mu­nikation für eine bessere Planbarkeit nötig gewesen.

Zudem sei es vielfach zu Wartelisten trotz teilweiser regionaler freier Impfstoffkapazitäten gekommen. „Das Terminmanagement sollte künftig digital unterstützt werden, etwa über die 116117, um freie Ressourcen passgenau verteilen zu können“, so die DAGNÄ.

Lange Isolationspflicht hat zu Verunsicherung geführt

Schwierig ist den Infektiologen zufolge auch die unterschiedliche Auslegung der Schutzmaßnahmen durch die Gesundheitsämter gewesen. Die teils rigorose Auslegung der Schutzmaßnahmen mit einer Isolations­pflicht von 21 Tagen habe mitunter Verunsicherung und Unverständnis bei Betroffenen und behandelnden Ärztinnen und Ärzten ausgelöst.

„Es gibt konkrete Hinweise, dass sich potentiell Infizierte aus Angst vor der als stigmatisierend empfundenen langen Isolationszeit gar nicht erst in ärztliche Behandlung begeben haben“, heißt es weiter in dem Papier. Hier sollte künftig stärker eine bessere Kommunikationsstrategie, die auf Partizipation und Sensibilisierung setzt, geschaffen werden.

Weiter sei zu begrüßen, dass mit dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses von August 2022 der Weg der MPX-Impfung in die Regelversorgung vorgezeichnet sei. Zu klären seien aber offene Fragen, wie die Apothekenverfügbarkeit.

Auch sollten infektiologische HIV-Schwerpunktpraxen mit ihrem Wissen entspre­chend berücksichtigt werden. „Sollte MPX endemisch werden, wofür einiges spricht, sollte künftig stets eine diagnostische Abklärung bei einem konkreten STI-Verdacht, zum Beispiel einer Genitalläsion, durchgeführt werden.“

cmk

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