Ärzteschaft

In Baden-Württemberg sind fast 1.000 Hausarztsitze vakant

  • Dienstag, 24. September 2024
/picture alliance, Monika Skolimowska
/picture alliance, dpa, Monika Skolimowska

Stuttgart – In Baden-Württemberg sind im Augenblick 963 Hausarztsitze nicht besetzt – und mit 3.000 Haus­ärzten über 60 Jahre steht die große Ruhestandswelle noch bevor. Darauf weist die Kassenärztliche Vereini­gung (KV) des Bundeslandes hin und kritisiert, dass die hausärztlichen Leistungen seit dem vierten Quartal 2023 wieder budgetiert werden, was die Versorgung weiter schwäche.

„Die Politik müsste dringend bessere Rahmenbedingungen schaffen, um den Kollaps der ambulanten Versor­gung zu vermeiden“, erklärten die Vorstände der KV, Karsten Braun und Doris Reinhardt. Zudem seien die Krankenkassen gefordert, für eine ausreichende Finanzierung des ambulanten Sektors zu sorgen.

„Fachärzte müssen schon viele Jahre Quartal für Quartal Leistungen im Wert von rund 45 Millionen Euro erbringen, die sie nicht vergütet bekommen“, hieß es aus der KV.

Laut einem neuen Bericht der KV Die ambulante medizinische Versorgung 2024 hält der Trend zu Anstellung und Teilzeittätigkeit weiter an.

Zu Beginn des Jahres 2024 arbeiteten danach 33 Prozent der KV-Mitglieder in Teilzeit und der Anteil der An­gestellten hat sich von sieben Prozent im Jahr 2010 auf 27 Prozent im Jahr 2024 nahezu vervierfacht. Die ver­änderten Arbeitszeitmodelle wirken sich laut der KV stark auf die Versorgung aus, weil weniger Arztzeit zur Verfügung stehe, obwohl die Zahl der KV-Mitglieder steige.

Die KV weist in der Publikation auf ihre Maßnahmen hin, welche die Versorgung stabilisieren sollen. „Der ärztliche Nachwuchs ist der Schlüssel zur Sicherung der ambulanten Versorgung von morgen, daher fördern wir die Weiterbildung“, betonte Braun. Zudem begleiteten Koordinierungsstellen der KV die Medizinstudie­renden bereits während ihrer Ausbildung.

„Diese enge Unterstützung ist entscheidend, um Nachwuchs­mediziner frühzeitig in die ambulante Versorgung einzubinden und für die Region zu gewinnen“, so Reinhardt. Darüber hinaus unterstütze die KV mit dem Pro­gramm „Ziel und Zukunft“ die Gründung und Übernahme von Praxen sowie Anstellungen in ausgewiesenen Fördergebieten mit einem Zuschuss von bis zu 80.000 Euro.

Eine wichtige Rolle spielt laut dem Bericht auch der Kommunalservice der KV, der in prekären Regionen aktiv ist. In enger Zusammenarbeit mit Bürgermeistern, Landratsämtern und den lokalen Akteuren werden Strate­gien zur Sicherstellung erarbeitet. „Doch die besten Förderprogramme nutzen nichts, wenn die Rahmenbedin­gungen nicht mehr stimmen und Ärzten durch Regresse und Einzelfallprüfanträge der Krankenkassen die Ver­sorgung erschwert wird“, so Braun.

„Die Menschen in Baden-Württemberg müssen sich darauf einstellen, dass es immer weniger Arztzeit gibt. Das bedeutet zukünftig weniger Arzttermine und weniger Zeit pro Termin für Patienten“, kommentierte Brigitte Szaszi, Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg im Virchowbund, den KV-Berricht.

Die Politik habe in den vergangenen Jahren zu wenig getan, um dem Trend ‚Anstellung statt Niederlassung‘ etwas entgegenzusetzen. „Wenn immer mehr Praxen schließen und Arzttermine rar werden, verschlechtert sich die Grundversorgung der Menschen. Das führt zu Verunsicherung, Wut und Ängsten und gefährdet den sozialen Frieden und die Demokratie.“

Sie monierte, auf Bundesebene lasse die versprochene Entbudgetierung auf sich warten – und in Baden-Württemberg würden erstmals seit Jahrzehnten auch die hausärztlichen Leistungen nicht mehr voll bezahlt.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung