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In Deutschland entwickeltes Antibiotikum gegen Tuberkulose wird klinisch erprobt

  • Mittwoch, 20. Juni 2018
Links: BTZ043 blockiert ein Enzym, das am Aufbau der Zellwand beim Tuberkuloseerreger Mycobacterium tuberculosis beteiligt ist. Der Zellinhalt läuft folglich durch schadhafte Stellen in der Zellwand aus. Rechts eine Vergleichsaufnahme ohne Behandlung mit BTZ043. /Andreas Wiesner, DZIF
Links: BTZ043 blockiert ein Enzym, das am Aufbau der Zellwand beim Tuberkuloseerreger Mycobacterium tuberculosis beteiligt ist. Der Zellinhalt läuft folglich durch schadhafte Stellen in der Zellwand aus. Rechts eine Vergleichsaufnahme ohne Behandlung mit BTZ043. /Andreas Wiesner, DZIF

München – Ein neues in Deutschland entwickeltes Antibiotikum gegen Tuberkulose wird jetzt klinisch erprobt. Die neu entwickelte Prüfsubstanz mit der Bezeichnung BTZ043 soll auch gegen multiresistente Erreger wirksam sein, die zunehmend weltweit eine Behandlung erschweren. Das Projekt wird von Wissenschaftlern der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) in Jena geleitet. Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und das Konsortium InfectControl 2020 unterstützen einen Großteil der Studien.

BTZ043 gehört zu einer neuen Klasse von Antibiotika – chemisch den Benzothiazi­nonen zugehörig. „Der Wirkstoff bindet irreversibel an ein Enzym, das zum Aufbau der Bakterienzellwand gebraucht wird“, erklärt Florian Kloß, Leiter der Transfergruppe Antiinfektiva im Rahmen des Konsortiums InfectControl 2020 am HKI. „Dieses Enzym kann dadurch nicht mehr arbeiten, in den Zellwänden der Mykobakterien entstehen Löcher und sie laufen aus“, ergänzt DZIF-Wissenschaftler Michael Hoelscher, Direktor des Tropeninstituts der Ludwig-Maximilians-Universität München. Dieser Angriff auf die Tuberkuloseerreger sei so gezielt, dass nur die Erreger bekämpft würden, nicht aber andere Bakterien.

Ein Team aus Wissenschaftlern und Unternehmern ist an der Entwicklung des neuen Tuberkulosemedikaments beteiligt. Der Wirkstoff BTZ043 wurde am HKI in Jena entdeckt. Seit 2014 wird das Medikament in einer Kooperation zwischen dem Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität und dem HKI unter anderem im DZIF und im Konsortium InfectControl 2020 weiterentwickelt. Als Sponsor ist das Klinikum der LMU für die präklinische und klinische Entwicklung sowie die Qualität und Sicherheit des Arzneimittels verantwortlich. Die Herstellung der Substanz erfolgt bei einem mittelständischen pharmazeutischen Unternehmen, der Hapila GmbH in Gera.

Nach Genehmigung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und der Ethikkommission der Bayerischen Landesärztekammer können nun die ersten Probanden für die klinische Erprobung von BTZ043 rekrutiert werden. Unter Leitung von Hoelscher werden bis zu 40 freiwillige Teilnehmer das Antibiotikum erhalten. „Wir wollen sicherstellen, dass das Medikament im Körper aufgenommen und gut vertragen wird. Hierzu wird eine sehr geringe Dosis einmalig verabreicht, die dann bei den nächsten Probanden Schritt für Schritt erhöht wird“, erklärt Hoelscher das Vorgehen. Ziel der Studie ist es, die Dosierung zu erreichen, die im Tiermodell eine gute Wirksamkeit gezeigt habe.   

Die mehrere Millionen Euro teure Medikamentenentwicklung war laut den Projektpartnern nur durch gemeinsame Finanzierung von öffentlicher und privater Hand möglich.

hil

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