Initiative der Pharmaindustrie soll Antibiotikaentwicklung wiederbeleben

Berlin – In der Antibiotikapipeline der Pharmaindustrie herrscht bereits seit Jahren gähnende Leere – bei stetig zunehmenden Antibiotikaresistenzen. Investitionen in Höhe von einer Milliarde US-Dollar sollen das jetzt ändern. Mehr als 20 führende Biopharmaunternehmen gaben heute den Start des AMR Action Fund bekannt, der bis 2030 die Entwicklung von zwei bis vier neuartigen Antibiotika ermöglichen soll.
„Im Gegensatz zu COVID-19 ist AMR eine vorhersehbare und vermeidbare Krise. Wir müssen gemeinsam handeln, um die Antibiotikapipeline wiederaufzubauen und um sicherzustellen, dass die vielversprechendsten und innovativsten Antibiotika es vom Labor zu den Patienten schaffen“, sagte Thomas Cueni, Generaldirektor der International Federation of Pharmaceutical Manufacturers & Associations (IFPMA) und einer der Organisatoren des neuen Fonds, beim Launch des Fonds.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erinnerte bei der Vorstellung der neuen Initiative daran, dass moderne Medizin ohne Antibiotika undenkbar wäre: „Wir haben keine andere Wahl, wir müssen weiterhin alles in unserer Macht Stehende tun, um antimikrobielle Resistenzen zu bekämpfen.“
Doch neue Antibiotika zu entwickeln, habe wissenschaftlich und finanziell seinen Preis, weshalb sich viele Firmen aus der Entwicklung zurückgezogen hätten, so Spahn. Dies mache die verschiedenen Initiativen der vergangenen Jahre, etwa den Global Antimicrobial Resistance Research and Development Hub, in dem Deutschland sich engagiere, umso wichtiger.
„In diesem Szenario stellt der neue AMR Action Fund einen weiteren wertvollen Baustein dar, die Pharmaindustrie ergänzt damit die bereits etablierten Initiativen und leistet einen wichtigen Beitrag zu unserem gemeinsamen Ziel“, so Spahn. Er appellierte an die Verantwortlichen des neuen Fonds, ihre Aktivitäten eng mit den bereits existierenden Initiativen zu koordinieren, um doppelte Arbeit angesichts limitierter Ressourcen zu vermeiden.
Aus Deutschland beteiligen sich an dem Fonds Boehringer Ingelheim, Bayer und Merck, aber auch die Europäische Investitionsbank ist mit im Boot. Die Unternehmen haben sich verpflichtet, fast eine Milliarde US-Dollar an neuen Finanzmitteln aufzubringen, um die klinische Entwicklung von innovativen neuen Antibiotika zu unterstützen. Zusätzlich zu finanziellen Mitteln wird der Fonds auch technische Unterstützung bereitstellen, um Biotech-Unternehmen bei der Entwicklung neuartiger Antibiotika zu helfen.
Dass sich derzeit kaum neue antimikrobielle Wirkstoffe in der Pipeline befinden, liegt nicht nur daran, dass ihre Entwicklung enorme wirtschaftliche Kosten verursacht. Es existiert auch kein rentabler Markt. Und das liegt nicht nur an niedrigen Preisen. Selbst wenn ein neues Antibiotikum auf den Markt kommt, wird es von Ärzten – vernünftigerweise – nur äußerst sparsam eingesetzt, um die Wirksamkeit zu erhalten.
Der AMR Action Fund soll innovative Antibiotikakandidaten auch kleinerer Biotech-Unternehmen speziell während der schwierigsten späten Phasen der Arzneimittelentwicklung unterstützen. Für eine Lösung des Problems der Antibiotikaresistenzen brauche es allerdings auch Maßnahmen auf politischer Ebene, Marktreformen im Bereich der Kostenerstattung und Anreize für Forschung und Entwicklung, so die IFPMA.
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