Politik

Innovationsfonds: Erste Projektförderung soll schon im Dezember feststehen

  • Dienstag, 15. September 2015

Berlin – Welche Projekte haben eine Chance, aus Geldern des Innovationsfonds gefördert zu werden? Und welche Vorhaben kann man im Grunde von vornherein vergessen? Um diese Fragen ging es gestern in Berlin beim Diskussionsforum des Bundesverbands Managed Care (BMC) zum Innovationsfonds. Zu kleinteilige Projekte werden keine Chance haben, stellte der Vorsitzende des zuständigen Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Josef Hecken, klar: „Es muss eine Mindestgröße geben. Wir brauchen Projekte, die von großen Kassen oder von Zusammenschlüssen getragen werden.“ Ebenso müssten Antragsteller „von Anfang an ein belastbares Evaluations­konzept vorlegen“, verlangte Hecken.

Hecken: Keine Zeit mit „filigranen Diskussionen“ vertrödeln 
Der Innovationsfonds ist im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz verankert worden. Derzeit arbeitet der Gemeinsame Bundesausschuss an Details zur Umsetzung, unter anderem zur Verfahrensordnung und zu den Förder-Richtlinien – mit Hochdruck, wie der G-BA-Vorsitzende klarmachte: Im Dezember 2015 will er die erste Förderzusage öffentlich bekannt geben können.

„Je mehr Zeit wir am Anfang verdaddeln mit Ausschreibungen oder filigranen Diskussionen, desto höher ist die Schwierigkeit, am Ende Evidenz zu generieren“, warnte Hecken. Das liegt auch daran, dass die Mittel von jährlich 300 Millionen Euro für Projekte der Integrierten Versorgung und der Versorgungsforschung nicht von einem auf das andere Jahr übertragbar sind und verfallen, wenn sie nicht ausgegeben werden. Hecken wie auch andere Experten hoffen, dass diese Vorgabe durch eine Gesetzes­änderung noch aufgehoben wird.

Hecken will unter allen Umständen vermeiden, dass mit Geldern aus dem Innovations­fonds Versorgungsvorhaben gefördert werden, die wie so viele Modellprojekte mit dem Auslaufen der Anschubfinanzierung „im Nirwana verschwinden“. Man kenne doch die Defizite in der Versorgung, stellte er klar, und wisse auch, dass manches sinnvolle Vorhaben richtig gedacht und ausprobiert worden sei, aber „so klein war, dass daraus keine Evidenz für die Übernahme in die Regelversorgung abgeleitet werden konnte“.

Diese Fehler sollen sich nicht wiederholten: Mit den Fondsgeldern wolle man Projekte fördern, deren Übertragbarkeit in die Regelversorgung der G-BA nach drei, vier Jahren prüfen könne oder die als Selektivvertrag größeren Stils fortgeführt werden könnten. „Wir wollen doch damit auch Leuchttürme setzen“, gab er zu bedenken. Hecken würde es begrüßen, wenn sich der zukünftige Innovationsausschuss als wichtiges Entschei­dungs­gremium auf zwei größere thematische Förderschwerpunkte festlegen würde. So lasse sich ein Windhundrennen um die Gelder vermeiden, und man könne eingereichte Vorschläge besser miteinander vergleichen.

Amelung: Pilotprojekte gibt es genug – aber wie bringt man sie überall zum Fliegen?
Aus Sicht des BMC-Vorstandsvorsitzenden Volker Amelung geht es nicht darum, völlig neue Versorgungsideen beim Fonds einzureichen. „Wenn es um den Innovationsfonds geht, reden wir nicht über etwas, was wir noch nie gesehen oder gehört haben“, sagte Amelung. „Pilotprojekte haben wir genug. Was wir brauchen, ist: Wie bekommen wir sie skaliert und ausgerollt?“ Der BMC-Vorstand regte an, aus den Fehlern früherer Projekte zur Integrierten Versorgung zu lernen. Das bedeutet für ihn: Keine zu kleinteiligen Projekte aufzulegen, aber gleichwohl unterschiedlich ausgereifte Ideen zu fördern, Ergebnisse wirklich transparent machen, Energie auf die Weiterentwicklung und breite Übertragbarkeit von Versorgungsansätzen zu verwenden. Wenn es nach Amelung ginge, würden Projekte sowohl flott begonnen als auch kontinuierlich auf ihren Sinn und Zweck hin überprüft.

Knieps: Innovationen kommen oft aus Garagenfirmen
Verhalten äußerte sich Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des Dachverbands der Betriebskrankenkassen, zum Potenzial des Fonds. „Ich bin immer skeptisch, wenn die Innovation aus Ministerien oder einem Dachverband kommen soll“, sagte Knieps. „Innovationen kommen oft aus Garagen. Garagen dürfen aber definitionsgemäß am Fonds nicht teilnehmen.“ Grundsätzlich sei er gleichwohl nicht pessimistisch, dass es nicht ausreichend förderungswürdige Projekte gebe. Andererseits säßen in den Gremien des Innovationsfonds die Akteure, die ja für die heutigen Defizite in der Versorgung verantwortlich seien. Ob sie bereit seien, etwas zu verändern, sei fraglich: „Schon der Ausweis eines Projekts ist ja der Hinweis auf ein Defizit in der Versorgung.“

Andererseits bestünden Versorgungslücken heute ja nicht, „weil alle im System unfähig sind, sondern weil sie oft nur sehr aufwendig zu schließen sind“. Neben der Förderung sinnvoller innovativer Projekte, so legte Knieps nahe, müsse man sich deshalb dafür einsetzen, Lücken im Leistungsrecht zu schließen, um eine integrierte Versorgung über Sektoren hinweg zu fördern.

Innovationsfonds: 300 Millionen Euro Fördergelder pro Jahr
Für den Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss zur Förderung innovativer sektorenübergreifender Versorgungsformen und für die Versorgungs­forschung stehen für die Jahre 2016 bis 2019 insgesamt 1,2 Milliarden Euro von den Krankenkassen und aus dem Gesundheitsfonds zur Verfügung. Aus dem Fonds sollen innovative, sektorenübergreifende Versorgungsprojekte mit 225 Millionen Euro pro Jahr gefördert werden sowie die Versorgungsforschung mit 75 Millionen Euro. Zu diesem Zweck wird beim G-BA ein Innovationsausschuss eingerichtet, der die konkreten Förderschwerpunkte und -kriterien festlegt und über die Verteilung der Fördermittel entscheidet.

Zu sachverständigen Entscheidungen soll ein Expertenbeirat mit maximal zehn Mitgliedern beitragen. Er wird vom Bundesgesundheitsministerium berufen. Von der Aufzählung zulässiger Antragsteller ist die Koalition abgerückt. Theoretisch kann jeder eine Förderung beantragen – sofern sein Vorschlag den Förderkriterien entspricht. Die Förderung wird wissenschaftlich ausgewertet. Bis 31. März 2019 legt das Bundes­gesundheitsministerium dem Deutschen Bundestag einen Zwischenbericht hierzu vor. Ein abschließender Bericht soll bis zum 31. März 2021 formuliert werden. 

Rie

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