Ärzteschaft

Intensivmediziner für gesetzliche Regelung der Triage

  • Donnerstag, 30. Juli 2020
/Tyler Olson, stock.adobe.com
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Berlin – Um Intensivmedizinern bei einer Triage für die Behandlung von COVID-19-Pa­tienten Rechts­sicherheit zu geben, hat die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Not­fallmedizin (DIVI) den Gesetzgeber aufgerufen, schnellstmöglich eine Gesetzgrundlage zu schaffen.

Die Fachgesellschaft reagiert damit auf eine Beschwerde beim Bundesverfassungsge­richt, die kürzlich neun Menschen mit Behinderung eingereicht hatten. Sie wenden sich indirekt ge­gen die im Früh­jahr verabschiedete Triage-Empfehlung für Intensivmediziner. Befürchtet wird, dass ihnen im kritischen Fall eine „medizinische Aussortierung“ droht.

Vor diesem Hintergrund hat die DIVI heute erneut betont, dass die Gleichbehandlung aller Patienten bei der Triage oberste Priorität habe. „Welcher Patient wird jetzt und hier eher überleben? Das ist die entscheidende Frage in der Triage“, erklärte DIVI-Präsident Uwe Janssens.

Die Orientierung an der prognosti­zierten Überlebenswahrscheinlichkeit stelle sicher, dass im Fall fehlender Ressourcen zuerst diejenigen nicht weiter behandelt werden, die trotz bester intensivmedizinischer Therapie mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit verster­ben würden.

Nach diesem Grundsatz kämen Intensivmediziner und Pflegekräfte auch dem Auftrag der Solidargemeinschaft nach, die begrenzt verfügbaren Mittel so einzusetzen, dass die meisten Menschenleben gerettet werden können.

Bewertungsgrundlage der DIVI-Empfehlung sei dabei weder die zu erwartende verblei­bende Lebenszeit nach der Erkrankung, was eine Schlechterstellung alter Menschen allein aufgrund ihres Alters bewirken würde, noch die Lebensqualität vor oder nach der aktuellen Erkrankung. Dies verhindere laut DIVI eine pauschale Schlechterstellung von Menschen mit einer Behinderung oder chronisch Kranken.

Nach Angaben der Aktionsplattform Abilitywatch zielt die Verfassungsbeschwerde vor allem darauf ab, verfassungsrechtlich nachprüfbare Kriterien für unvermeidbare Triage-Entscheidungen per Gesetz zu erwirken. Es sei keine medizinische Frage, sondern eine gesellschaftliche, schreibt Abilitywatch. Die Politik müsse schnellstmöglich den Ernstfall regeln.

Das sieht Leitlinien-Mitautor Jochen Taupitz, Vorsitzender der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer, ähnlich: „Die bestehende Rechtsunsicherheit, welche Krite­rien im Fall einer Pandemie bei der Verteilung knapper medizinischer Ressourcen maß­geblich sein sollen, ist für die Ärzteschaft eine unzumutbare Belastung“, sagte er. Die For­derung nach einer gesetzlichen Grundentscheidung sei nachdrücklich zu unterstützen.

hil/sb

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