Intensivstationen: Geriater wollen Altersmedizin stärken

Berlin – Die Altersmedizin muss vor dem Hintergrund des demografischen Wandels verstärkt Eingang in die Arbeit auf Intensivstationen finden. Das hat die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) gefordert. Sie sieht akuten Handlungsbedarf. Konkret wünscht sich die DGG mehr grundsätzliches Wissen über geriatrische Patienten in der Intensivmedizin. Moderne Intensivmedizin ohne das Wissen über den alten Menschen sei schlicht nicht mehr möglich, sagte Hans Jürgen Heppner, President-elect der DGG. Notwendig seien motivierte Mediziner, die sich ihr Wissen über die Schiene Innere Medizin und Akutmedizin sowie Zusatzweiterbildung Geriatrie aneigneten.
Heppner bemängelte zugleich ein fehlendes breites Bewusstsein dafür, wie wichtig das geriatrische Wissen ist. „Beim alten Menschen ist alles anders. Röntgenbilder, die Anatomie, physiologische Eigenschaften – alles muss neu interpretiert werden“, sagte er. Wichtig sei, jetzt zu reagieren, da die Zahl der alten Patienten weiter steigen werde. Der Fachgesellschaft zufolge sind bereits heute mehr als 20 Prozent der Menschen auf einer internistischen Intensivstation 80 Jahre alt und älter. Dabei handle es sich zumeist um klassisch geriatrische, multimorbide Patienten, die nicht nur ein internistisches Grundproblem, sondern eine eingeschränkte Mobilität oder den Verlust der Autonomie aufwiesen oder sich sogar am Lebensende befänden.
„Dies ist eine spezielle Herausforderung, zu der sich die Geriatrie als Fachgesellschaft ganz klar bekennen muss“, sagte Heppner. „Wir sind Internisten und Geriater und wir wollen bei der akuten Diskussion um die intensivmedizinische Versorgung von kranken geriatrischen Patienten mitreden und mitarbeiten“, ergänzte er. Heppner betonte aber zugleich, die Geriater wollten keine Kompetenzen beschneiden. „Ich bin ein klassischer Unterstützer der internistischen Intensivmedizin. Deswegen: Innere Medizin und Geriatrie müssen sich hier zusammentun, das ist unsere gemeinsame Domäne“, sagte er.
Der President-elect der DGG regt auch an, dass Kliniken wegen des demografischen Wandels ihre Bettenplätze in der Intensivmedizin aufstocken, um auf mehr geriatrische Patienten vorbereitet zu sein. „Schon jetzt ist in der Notaufnahme jeder vierte Patient 80 Jahre oder älter. 35 Prozent der Patienten sind über 70 Jahre. Bei denen erreichen wir beispielsweise durch moderne, nichtinvasive Beatmungsmethoden große Behandlungserfolge, die zusätzliche Komplikationen bei multimorbiden Patienten vermeiden“, sagte er. Diese Methoden habe es so vor zehn Jahren noch nicht gegeben. Entsprechend sei die Zahl der Beatmungstage und der Bedarf an entsprechenden Betten gestiegen. „Darauf müssen wir reagieren“, so Heppner.
Voraussichtlich Ende des Jahres will die DGG ein Positionspapier zum geriatrischen Intensivpatienten vorlegen, das die Fachgesellschaft derzeit gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) erarbeitet.
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