Inzidenzanstieg in Deutschland vor allem bei jungen Erwachsenen

Berlin – Der leichte Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland vorige Woche scheint vor allem auf Coronainfektionen bei jungen Erwachsenen zurückzugehen. Während sich die Fälle pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen in fast allen Altersgruppen über mehrere Wochen hinweg ungefähr konstant oder rückläufig entwickeln, haben sie bei den 20- bis 29-Jährigen vor allem in der vergangenen Woche zugenommen.
Das geht aus dem Lagebericht des Robert Koch-Instituts (RKI) von gestern Abend hervor. Demnach wird auch eine leichte Zunahme von aus dem Ausland eingeschleppten Ansteckungen beobachtet. Am deutlichsten ist die Inzidenzzunahme bei den 20- bis 24-Jährigen, mit einem Anstieg von zehn auf 19 binnen zwei Wochen.
Zum Vergleich: Bei Senioren zwischen 75 und 84 Jahren stagnierte der Wert im gleichen Zeitraum bei 1. Bei den jüngeren Schulkindern (fünf bis 14 Jahren) ist die Entwicklung leicht rückläufig, was mutmaßlich auch mit den Sommerferien in einigen Bundesländern zu tun haben könnte. Eine leichte Zunahme ist hingegen auch bei den Jugendlichen ab 15 zu beobachten.
RKI-Chef Lothar Wieler sagte gestern, die deutlich ansteckendere Delta-Variante des Virus habe sich vor allem in der ungeimpften Bevölkerung rasch verbreitet. Wegen des deutlich geringeren Risikos für schwere Verläufe von COVID-19 zählten jüngere gesunde Erwachsene in Deutschland nicht zu den Vorranggruppen für die Vergabe von Impfterminen.
Wie hoch die Impfquote bei 20- bis 29-Jährigen ist, geht aus RKI-Daten nicht hervor. Menschen unter 60 Jahren sind jedoch mit rund 42 Prozent noch deutlich seltener vollständig geimpft als die Älteren mit fast 72 Prozent. Diese Quote bei Minderjährigen gibt das RKI mit 1,6 Prozent an, mindestens eine Dosis haben rund fünf Prozent.
Mit Blick auf Krankenhausbehandlungen von COVID-19-Patienten schreibt das RKI, der „zuletzt allgemein abnehmende Trend“ setze sich zurzeit nicht fort. Es müsse beachtet werden, dass Infizierte häufig erst ein bis zwei Wochen nach der Diagnose in die Klinik kämen und daher Nachübermittlungen zu erwarten seien.
Die bisherigen Daten, die das RKI zu Coronakrankenhausbehandlungen ausweist, sind laut Lagebericht unvollständig. Künftig sollen Kliniken jedoch Daten zu dem Thema direkt ans RKI melden, der Aspekt soll mehr Bedeutung bei der Bewertung der Lage bekommen. Auch im Sommer 2020 begannen die Infektionszahlen laut RKI-Daten zunächst bei Menschen zwischen 15 und Ende 30 zu steigen, bevor sich das Virus nach und nach auch in höheren Altersgruppen ausbreitete.
Damals war allerdings noch niemand geimpft. Dadurch erscheint eine Entwicklung genau wie damals unwahrscheinlich. Allerdings sind die Älteren nicht komplett außen vor. Experten erwarten, dass es bei der Delta-Variante häufiger zu Ansteckungen trotz Impfung kommen kann - und ebenso zur Weitergabe des Virus durch Geimpfte.
Seit mehr als einer Woche ist die Sieben-Tage-Inzidenz jeden Tag angestiegen. Nach Angaben des RKI von heute Morgen lag sie bei 7,1 – am Vortag betrug der Wert 6,5, beim jüngsten Tiefststand am 6. Juli 4,9.
Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem RKI binnen eines Tages 1.548 Coronaneuinfektionen gemeldet. Das geht aus den Zahlen von heute Morgen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 4.50 Uhr wiedergeben. Zum Vergleich: Vor einer Woche hatte der Wert bei 985 Ansteckungen gelegen.
Die Inzidenz war in der Pandemie bisher Grundlage für viele Coronaeinschränkungen, etwa im Rahmen der Ende Juni ausgelaufenen Bundesnotbremse. Künftig sollen daneben nun weitere Werte wie Krankenhauseinweisungen stärker berücksichtigt werden.
Deutschlandweit wurde den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 28 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 48 Tote gewesen. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 3.738.683 nachgewiesene Infektionen mit SARS-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3.636.800 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit SARS-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 91.287.
Die für die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus entscheidende Reproduktionszahl lag nach RKI-Daten von gestern bei 1,11 und befand sich damit seit mehr als einer Woche über dem Wert von 1.
Die Zahl bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 111 weitere Menschen anstecken. Liegt der Wert anhaltend über 1, steigen die Fallzahlen. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. Der R-Wert lag zuvor rund zwei Monate lang deutlich unter 1.
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