Politik

IQWiG: Evidenzbasierte Medizin hat sich noch lange nicht durchgesetzt

  • Dienstag, 11. Juli 2017

Köln – Auf Angriffe gegen wissenschaftliche Standards in der Medizin hat der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Jürgen Windeler, im neuen Jahresbericht 2016 des Instituts hingewiesen. „Gerade in jüngerer Zeit mussten wir erneut Grundsatzdiskussionen führen: Sie legen den Schluss nahe, dass die evidenzbasierte Medizin, die Basis unserer Methoden, weit davon entfernt ist, sich durchzusetzen“, so der IQWiG-Leiter. Ergebnisse der IQWiG-Arbeit würden zwar hoch geschätzt und gewürdigt, wenn sie zur jeweiligen Interessenlage passten. Sei dies nicht der Fall, würde dem Institut aber oft schnell „methodischer Rigorismus“ vorge­worfen.

IQWiG muss Standards immer wieder verteidigen

„Dann sind wir mit der Forderung konfrontiert, kleine und kleinste Fallserien als ‚best­verfügbare Evidenz’ heranzuziehen“, so Windeler. Kritiker behaupteten dann schnell, das IQWiG bestehe nur aus bürokratischer Spitzfindigkeit auf gut geplanten, sauber durchgeführten, hinreichend großen, nicht verzerrungsanfälligen und transparent dokumentierten Studien. „Aber dies ist internationaler wissenschaftlicher Standard. Anders lässt sich der Nutzen und Schaden nicht beurteilen – und erst recht nicht Patienten für eine informierte Entscheidung vermitteln“, betont der IQWiG-Leiter. Das Institut müsse daher seine wissenschaftlich etablierten Standards immer wieder neu verteidigen – nicht nur gegenüber der Industrie, sondern auch gegenüber der Selbst­verwaltung und der Politik, so Windeler.

Im Jahresbericht geben die IQWiG-Wissenschaftler auf 54 Seiten einen Überblick über das vergangene Arbeitsjahr. Neu waren dabei die sogenannten Potenzialanalysen von Hochrisiko-Medizinprodukten und neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. „Ein plausibles Wirkprinzip reicht allein nicht aus, um einer Methode ein Potenzial zuzuerkennen. Zusätzliche Erkenntnisse, sprich belastbare Studien, sind dafür not­wendig“, fasst Stefan Lange, stellvertretender Institutsleiter, die ersten Erfahrungen zusammen.

Seit Sommer 2016 können Bürger beim IQWiG außerdem offene medizinische Fragen für eine wissenschaftliche Prüfung vorschlagen. Das Auswahlverfahren und die Bear­beitung der Fragen stellt der Jahresbericht vor.

hil

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