Politik

IQWiG kritisiert Praxis bei der Analyse versorgungsnaher Daten

  • Dienstag, 26. April 2022
/cassis, stock.adobe.com
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Köln – Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheits­wesen (IQWiG) übt Kritik an Herstellern von Arzneimitteln, die beschleunigt zugelassen werden, beziehungsweise von Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen.

Für diese Medikamente liegen zum Marktzugang oft keine aussage­kräftigen Daten für die frühe Nutzen­bewertung von Arzneimitteln vor. Die zu Grunde liegenden Studien sind dann zu kurz und enthalten keine Vergleiche mit dem bisherigen Versorgungsstandard. Dies sollen die Hersteller mit sogenannten versor­gungsnah erhobene Daten – beispielsweise Registerdaten – nachholen. Laut dem IQWiG funktio­niert dies aber oft nicht oder nur schlecht.

Das Institut hat im Jahr 2020 Kriterien für die Verwendbarkeit von versorgungsnah erhobene Daten in der Nutzenbewertung von Arznei­mitteln veröffentlicht. In einem sogenannten Rapid Report gab das Institut Herstellern und Registerbetreibern konkrete Empfehlungen für die versorgungsnahe Datenerhebung.

„Gut zwei Jahre nach Veröffentlichung unseres Berichts müssen wir allerdings konstatieren, dass die Hersteller unsere damals definierten Anforderungen an versorgungsnahe Datenerhebungen nicht so aus­legen, wie wir uns das wünschen“, sagt Thomas Kaiser, Leiter des IQWiG-Ressorts Arzneimittelbewertung, und nennt als Beispiele die Herstellerdossiers zu den Wirkstoffen Amivantamab, Nivolumab, Dostarlimab und Lanadelumab.

Beispiel Lanadelumab

Für die Zulassung von Lanadelumab hatte eine placebokontrollierte Studie ausgereicht. Der Hersteller versuchte dann laut dem IQWiG, im Nachhinein individuelle Patientendaten aus dieser Studie zu Lanadelumab mit Daten aus Studien zur Vergleichstherapie zu vergleichen.

Die so geartete Zusammenfassung der Studien war jedoch laut dem IQWiG für die Nutzenbewertung nicht geeignet. Denn die Betrachtung der Studien zeigte, dass „zwei gänzlich unterschiedliche Populationen“ verglichen werden sollten. „Das heißt: Im Grunde wurden in dem vom Hersteller vorgelegten Vergleich Äpfel mit Birnen verglichen. Und dennoch zog der Hersteller diese Auswertungen heran, um daraus einen Zusatznutzen für Lanadelumab zu postulieren“, hieß es aus dem Institut.

„Wir brauchen dringend mehr Ernsthaftigkeit bei der Analyse versor­gungsnaher Daten, sonst verfehlen wir das wichtige Ziel, diese wertvollen Daten auch nutzen zu können“, beschreibt IQWiG-Leiter Jürgen Windeler die Erfahrungen des Instituts im Umgang mit versorgungsnahen Daten.

hil

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