IQWiG warnt vor Überbewertung von Biomarker-Tests bei Brustkrebs

Köln – Wissenschaftler des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) haben die American Society of Clinical Oncology (ASCO) für ihre Bewertung von Biomarker-Tests bei Brustkrebs kritisiert. Laut einem Leserbrief des IQWiG im Journal of Clinical Oncology bewertet die ASCO die Ergebnisse einer Studie zum Test „MammaPrint“ falsch.
Die Amerikaner hatten zuvor ihre Brustkrebsleitlinie in Hinblick auf den Test „MammaPrint“ aktualisiert und dieses Update ebenfalls im Journal of Clinical Oncology publiziert (2017; doi: 10.1200/JCO.2017.74.0472). Gestützt auf Daten der MINDACT-Studie kommen sie zu dem Schluss, MammaPrint könne bei bestimmten Gruppen von Patientinnen mit frühem Brustkrebs jene besser erkennen, die keine Chemotherapie benötigten. Deshalb könne der Test die Entscheidung über die Therapie erleichtern.
IQWiG: Test bringt keinen Informationsgewinn
„Patientinnen mit einem nach herkömmlichen klinischen Kriterien hohem, laut Biomarker-Test aber niedrigem Rückfallrisiko sollen auf eine Chemotherapie verzichten können“, umreißen die IQWiG-Autoren den Kern der Diskussion. Bei diesen Patientinnen zeige eine Per-Protokoll-Analyse für das krankheitsfreie Überleben nach ihrer Auffassung allerdings einen statistisch signifikanten Nachteil des Tests, betonen sie.
Laut IQWiG liefert der MammaPrint-Test gegenüber herkömmlichen klinischen Kriterien keinen Informationsgewinn. Die IQWiG-Wissenschaftler weisen darauf hin, dass für weitergehende Analysen aber die Originaldaten der MINDACT-Studie nötig seien.
Die ASCO-Autoren bezeichnen in ihrer Entgegnung auf den IQWiG-Leserbrief die Interpretation des Instituts als interessant und bestätigen, dass eine vollständigere Analyse von MINDACT nützlich sein könnte, wenn die Originaldaten denn verfügbar wären.
Das IQWiG hatte im Dezember 2016 einen Abschlussbericht „Biomarkerbasierte Tests zur Entscheidung für oder gegen eine adjuvante systemische Chemotherapie beim primären Mammakarzinom“ herausgegeben. Die Autoren kommen darin zum Ergebnis, „für einen Nutzen beziehungsweise Schaden einer biomarkerbasierten Strategie zur Entscheidung für oder gegen eine adjuvante Chemotherapie beim primären Mammakarzinom“ läge derzeit kein Anhaltspunkt vor.
Bei der im Dezember 2016 noch laufenden Studie MINDACT werden die Gabe beziehungsweise das Unterlassen einer Chemotherapie bei Patientinnen untersucht, bei denen sich aus klinisch-pathologischer Bewertung und Biomarker unterschiedliche Empfehlungen ergaben. „Die 5-Jahres-Zwischenergebnisse deuten nicht auf einen Nutzen einer biomarkerbasierten Therapieentscheidung mithilfe des MammaPrint-Tests hin“, bewerteten die IQWiG-Autoren den Test in dem 2016er-Bericht.
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