Ausland

Italien setzt „Sea-Watch 4“ in Palermo fest

  • Montag, 21. September 2020
Die „Sea-Watch 4“ liegt im Hafen. Das deutsche Rettungsschiff ist von den italienischen Behörden im Hafen von Palermo festgesetzt worden. /picture alliance, Sea-Watch, Chris Grodotzki
Die „Sea-Watch 4“ liegt im Hafen. Das deutsche Rettungsschiff ist von den italienischen Behörden im Hafen von Palermo festgesetzt worden. /picture alliance, Sea-Watch, Chris Grodotzki

Berlin – Deutsche Flüchtlingshelfer im Mittelmeer haben den italienischen Behörden Schikane vorgeworfen. Das Rettungsschiff „Sea-Watch 4“ werde unter „fadenscheinigen Bedingungen“ am Auslaufen im sizilianischen Palermo gehindert, hieß es gestern in einer Erklärung mehrerer Organisationen.

Unterdessen erreichte mit der „Alan Kurdi“ ein weiteres Schiff einer deutschen Hilfsorganisation mit 133 Geretteten an Bord die italienische Insel Lampedusa.

Bei einer sogenannten Hafenstaatskontrolle hätten italienische Inspekteure bei der „Sea-Watch 4“ elf Stunden lang nach Beanstandungen gesucht, erklärten Sea-Watch, United4Rescue und Ärzte ohne Grenzen (MSF).

„Diese Inspektionen sind politisch motiviert und dienen allein dem Zweck, Rettungsope­ra­tionen zu verhindern“, erklärten die Hilfsorganisationen. Die Inspekteure hätten etwa bemängelt, die „Sea-Watch 4“ habe zu viele Rettungswesten an Bord und das Abwasser­system sei nicht für die Anzahl der Geretteten ausgelegt, hieß es weiter in der Erklärung.

Tatsächlich erfülle das Schiff alle Sicherheitsvorgaben des deutschen Flaggenstaates, wie die deutschen Behörden Sea-Watch erst im Juli bestätigt hätten.

Die „Sea-Watch 4“ lag im Hafen von Palermo, nachdem sie am 2. September 353 Flücht­linge an eine Quarantänefähre übergeben hatte. Die Crew des Rettungsschiffes war wegen der Coronaviruspandemie im Hafen der sizilianischen Stadt in Quarantäne.

Das Rettungsschiff „Alan Kurdi“ nahm indes nach Angaben der deutschen Hilfsorgani­sation Sea-Eye im zentralen Mittelmeer 133 Menschen an Bord. 114 der Geretteten hätten sich auf einem Holz- und einem Schlauchboot befunden, jeweils ohne Satelliten­telefon. Sie zu finden sei „reines Glück“ gewesen, erklärte Sea-Eye. Später wurde demnach ein weiteres Holzboot mit 19 Menschen an Bord gefunden, das einen Notruf abgesetzt hatte.

Gestern erreichte die „Alan Kurdi“ den Angaben zufolge die Mittelmeerinsel Lampedusa. Sie hätten Italien darum gebeten, „wenigstens die Familien und die Minderjährigen unverzüglich zu evakuieren“, erklärte Sea-Eye-Chef Gorden Isler. Er befürchte eine weitere Blockade der Behörden.

Monat für Monat versuchen zahlreiche Menschen, in seeuntüchtigen Booten von Afrika über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Im vergangenen Jahr ertranken dabei nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 1.283 Menschen. In den vergangenen fünf Jahren gab es insgesamt mehr als 19.000 Tote.

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Streit zwischen Flüchtlingsrettern und den italienischen Behörden gegeben. Lange verweigerte Italien Schiffen mit Flüchtlingen an Bord grundsätzlich das Anlegen.

Infolge eines Abkommens mit Frankreich, Deutschland und Malta vor einem Jahr sind die Häfen aber grundsätzlich wieder offen. Das Abkommen sieht vor, dass die Unterzeichner und nach Möglichkeit weitere EU-Staaten freiwillig einen Teil der Geretteten aufnehmen.
Die EU-Kommission will in diesem Zusammenhang übermorgen einen Vorschlag für einen „neuen Pakt zu Migration“ vorlegen.

Alle Versuche einer Reform des EU-Asylsystems scheiterten bisher an der Frage der Verteilung von Flüchtlingen. Insbesondere osteuropäische Regierungen lehnen die Aufnahme von Migranten kategorisch ab. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson will nun „verpflichtende Solidarität“ aller Mitgliedstaaten einfordern.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) machte für das bisherige Scheitern der Asylreform auch das Auftreten als „Moral-Weltmeister“ vieler Deutscher verantwortlich. Die EU-Partner seien nicht erfreut darüber, dass Deutschland alleine entscheide und dann erwarte, dass auch andere Flüchtlinge bei sich aufnähmen, sagte er der Bild am Sonntag.

afp

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