Ausland

„Sea-Watch 4“ sucht Hafen für 200 Migranten

  • Dienstag, 25. August 2020
Helfer des Seenotrettungsschiffs „Sea-Watch 4“ sind im Mittelmeer vor der Küste von Libyen unterwegs, um schiffbrüchige Migranten aufzunehmen. /picture alliance, Sea-Watch.org, Chris Grodotzk
Helfer des Seenotrettungsschiffs „Sea-Watch 4“ sind im Mittelmeer vor der Küste von Libyen unterwegs, um schiffbrüchige Migranten aufzunehmen. /picture alliance, Sea-Watch.org, Chris Grodotzk

Rom – Das Rettungsschiff „Sea-Watch 4“ hat bei seiner ersten Fahrt im Mittelmeer in kurzer Zeit mehr als 200 Migranten vor Libyen an Bord genommen. „Wir haben einen sicheren Hafen für die Menschen in Italien und Malta angefragt“, sagte Sea-Watch-Spre­cherin Mattea Weihe gestern. Noch gebe es keine Rückmeldung.

Die unter anderem von der Evangelischen Kirche in Deutschland mit auf den Weg ge­brachte „Sea-Watch 4“ hatte am 15. August den Hafen von Burriana in Spanien für ihre erste Mission verlassen. Unterdessen bargen libysche Helfer von der Organisation Roter Halbmond gestern 22 Leichen vor der Küste des nordafrikanischen Bürgerkriegslandes.

„Ein weiterer schrecklicher Anblick“, kommentierte die Sprecherin der Internationalen Organisation für Migration (IOM), Safa Msehli, auf Twitter. Im zentralen Mittelmeer seien damit in diesem Jahr mehr als 350 Menschen gestorben. Msehli machte mangelnde euro­päische Unterstützung bei der Suche und Rettung sowie Regularien, die den Hilfsorgani­sationen auferlegt wurden, für Tote mitverantwortlich.

Die Crew der „Sea-Watch 4“ holte am vergangenen Samstag erstmals sieben Menschen aus einem in Seenot geratenen Boot, wie die Organisation berichtete. Tags darauf habe die Mannschaft in den internationalen Gewässern vor Libyen dann ein überfülltes Schlauchboot gesichtet und 97 Insassen aufgenommen.

Gestern seien rund 100 Menschen an Bord gebracht worden. „Viele von ihnen waren zum Zeitpunkt ihrer Rettung schwach und orientierungslos und zeigten Symptome starker Be­lastung durch Benzindämpfe“, schrieben die Organisatoren, zu denen der Verbund Ärzte ohne Grenzen gehört.

„Diese schnelle Rettung zeigt, wie dringlich das Thema der Seenotrettung im zentralen Mittelmeer ist“, urteilte Thies Gundlach, Vorstand des Betreiber-Bündnisses United4Res­cue. Mehrere private Rettungsschiffe liegen derzeit in Häfen fest, weil die italienischen Behörden sie wegen angeblicher Sicherheitsmängel gestoppt haben.

In Italien gingen die Zahlen der in Booten ankommenden Migranten in diesem Sommer stark in die Höhe. Die Menschen fahren sowohl von Libyen als auch von Tunesien los. Viele Tunesier verlassen ihr Land, weil es unter einer Wirtschaftskrise leidet.

In Süditalien sorgen die steigenden Zahlen zunehmend für Widerstand in den Ankunfts­orten. Aktuell läuft ein Tauziehen zwischen dem konservativen sizilianischen Regional­präsidenten Nello Musumeci, der Asylsuchende von der Insel ausweisen will, und der Mitte-Links-Regierung in Rom.

Dabei spielt das Argument von steigender Coronarisiken eine Rolle. Die Regierungen in Italien und Malta stellten den Seenotrettern zuletzt oft hohe Hürden in den Weg. Zu­gleich wiesen sie – häufig nach längerem Warten – sichere Häfen zu.

Im Januar hatte der Verein United4Rescue den Kauf der „Sea-Watch 4“ ermöglicht. Das Bündnis vereint nach eigenen Angaben mehr als 550 große und kleine Organisationen und Unternehmen. Dazu gehören auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), World Vision Deutschland und der Koordinierungsrat der Muslime.

dpa

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