Jürgen Klopp und die Allgemeinmedizin
Um es vorweg zu sagen: Vom Hausarzt des Dortmunder Fußballtrainers Jürgen Klopp wird hier nicht die Rede sein, auch nicht davon, ob und wie die Allgemeinmedizin zur Genesung seiner seit Wochen von vielerlei orthopädischen Problemen gebeutelten Borussen beitragen kann. Es geht um das Engagement dieses Mannes in seinem Beruf, oft bis an die Grenze des Erlaubten, seine Motivationskraft und seinen ansteckenden Enthusiasmus.
Vor allem aber geht es um die Allgemeinmedizin. Die Hausärzte sorgen sich bekanntlich um ihren Nachwuchs. Rund 2.000 allgemeinmedizinische Kolleginnen und Kollegen scheiden aus Altersgründen Jahr für Jahr aus dem Beruf aus. Nur 1.000 bis 1.200 junge Ärzte legen pro Jahr die Prüfung zum Facharzt für Allgemeinmedizin ab. Das sind bestenfalls zehn Prozent aller Facharztanerkennungen.
Nun gibt es eine kaum noch überschaubare Vielzahl von Ansätzen und Projekten, um hier Abhilfe zu schaffen. Stefanie Joos von der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Heidelberg, teilt sie in drei Kategorien ein: 1. Anreize, 2. Zwang, 3. Veränderung der Rahmenbedingungen.
Zur ersten Kategorie gehören zum Beispiel Stipendien für Medizinstudierende, die sich verpflichten, später als Hausarzt zu arbeiten, oder auch der vom Sachverständigenrat für Gesundheit vorgeschlagene Honorarzuschlag für Landärzte. In die Kategorie 2 – Zwang – fällt der diskutierte Pflichtabschnitt Allgemeinmedizin im praktischen Jahr, damit die Studierenden die Hausarzttätigkeit überhaupt kennenlernen.
Wenn endlich an allen Medizinfakultäten Lehrstühle für Allgemeinmedizin bestünden und die Absolventen sicher sein könnten, eine strukturierte Weiterbildung zu bekommen, wäre das als Verbesserung in Kategorie 3 zu verbuchen. Joos verhehlte auf dem 1. Internationalen Hausärztetag in Bonn nicht ihre Skepsis, dass es erfolgversprechend sein könnte, die Medizinstudierenden zu ihrem Glück, also in die Allgemeinmedizin, zu zwingen. Denn jeder Zwang provoziere Gegenreaktionen. So sind die Studierenden dagegen, dass man ihnen nach einem ohnehin stark verschulten Studium noch das PJ reglementiert.
Viel zu oft gerät der entscheidende Punkt aus dem Blick: Warum sollten sich junge, gut ausgebildete Leute verplanen und herumdirigieren lassen, wenn ihnen jede Menge berufliche Alternativen offenstehen? Genauso wenig werden sie sich durch platte Werbung beeindrucken lassen. Was also tun? Die Antwort wurde auch auf dem Hausärztetag gegeben: „Wir müssen von der Allgemeinmedizin begeistern.“ Genau.
Tagtäglich Menschen zu helfen, eine anspruchsvolle, abwechslungsreiche und überaus sinnvolle berufliche Aufgabe zu haben, die eigene Arbeitsumgebung gestalten zu können – das sind schließlich gute Argumente. Die Hausärzte selbst können sie am überzeugendsten vermitteln – eine kräftige Portion Jürgen Klopp wäre dabei nicht schlecht.
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