Karlsruhe lässt Vergabe tödlicher Medikamente offen

Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) lässt die Frage weiter offen, ob Menschen einen Anspruch gegen den Staat auf die Herausgabe von Medikamenten haben, um sich selbst zu töten. Aus formalen Gründen wies die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts heute Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichts Köln vom November zurück.
Die Kammer argumentierte, die Vorlagen gingen nicht auf die am 26. Februar ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Selbsttötung ein, die das bis dahin geltende Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe aufhob. Mit diesem Urteil habe sich die Situation für Sterbewillige geändert.
Das Verwaltungsgericht stütze sich maßgeblich auf Erwägungen, die nun entfallen seien. Ein Beispiel ist der Paragraf 217 im Strafgesetzbuch, der nach der Karlsruher Entscheidung vom Februar unvereinbar mit dem Grundgesetz ist. Viele Fragen stellten sich deshalb heute anders.
Hintergrund der Anfragen des Kölner Verwaltungsgerichts war eine Anweisung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), bei dem Anträge auf Abgabe einer tödliche Medikation eingegangen waren.
Spahn hatte – trotz eines gegenteiligen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts – angeordnet, dass das BfArM keine Anträge auf Erlaubnis zum Erwerb tödlicher Betäubungsmittel bewilligen darf. Entsprechend wies die Behörde bislang mehr als 100 Anträge dieser Art ab. Spahn blieb auch nach der Entscheidung aus Karlsruhe bei seiner Haltung.
„Es wird Zeit, dass Jens Spahn mit seiner Salamitaktik aufhört und den Streit über die Neuregelung des Sterbehilferechts nicht weiter auf dem Rücken der Betroffenen austrägt“, kommentierte die Bundestagsabgeordnete und Rechtspolitikerin der FDP, Katrin Helling-Plahr, den Beschluss.
Trotz höchstrichterlichen Urteilen gäbe es immer neue fadenscheinige Gründe, wieso Spahn den Weg für eine Neuregelung noch nicht freigemacht habe. „Wir brauchen endlich ein liberales Sterbehilfegesetz mit einer klaren Regelung, wer unter welcher Voraussetzungen tödlich wirkende Medikamente erhalten darf“, so Helling-Plahr. Man sei es den Betroffenen schuldig, Rechtssicherheit zu schaffen.
Der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß wertete das Urteil als eine Stärkung von Spahns Haltung. „Weder Ärzte noch der Staat können dazu verpflichtet werden, beim Selbstmord mitzuwirken“, sagte Krauß. „Spahn erhält mit dem Urteil volle Rückendeckung für seine Entscheidung, keine todbringenden Arzneimittel abzugeben.“
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