Kassenärztliche Bundesvereinigung: Patientensteuerung „Auftrag an den Kollektivvertrag“

Berlin – Die im Koalitionsvertrag von Union und SPD beabsichtigte Stärkung der Patientensteuerung und -koordination begreife man als „Auftrag an den Kollektivvertrag“. Dies betonte heute Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
In der jüngsten KBV-Klausurtagung sei „intensiv diskutiert“ worden, wie ein Primärarztsystem umgesetzt werden sollte, so Gassen. Dabei habe es keine größeren Friktionen zwischen Haus- und Fachärzten gegeben.
Im Vorfeld der kommenden Vertreterversammlung der KBV Ende Mai – auf der neben der weiteren Digitalisierung im Gesundheitswesen auch die Patientensteuerung ein zentrales Thema sein soll – habe man sich auf einige Grundpositionen geeinigt, die von der Vertreterversammlung debattiert und beschlossen werden sollten.
Dies betrifft unter anderem die sinnvolle Definition der an einer primärztlichen Versorgung Teilnehmenden beziehungsweise der weiterhin im Direktzugang aufzusuchenden fachärztlichen Praxen. Zudem müssten zusätzliche Koordinierungsleistungen auch zusätzlich vergütet werden, stellte Gassen klar. Für Mehrleistungen müsse es neue Gebührenordnungspositionen (GOP) im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) geben.
Eine entscheidende Rolle bei der Patientensteuerung kann aus Sicht der KBV die 116117 spielen. Dazu müsse sie allerdings massiv ausgebaut und von der Politik ausreichend gegenfinanziert werden, so Gassen.
Die KBV verwies darauf, dass bislang weder eine Finanzierung des Routinebetriebs noch der nötigen Investitionen in die Erweiterung der Strukturen gesichert sei. Der im Zusammenhang mit der Etablierung eines umfassenden Steuerungsmodells erforderliche systematische Ausbau der 116117 werde eine dreistellige Millionensumme im unteren Bereich erfordern.
Termine bei Fachärztinnen und -ärzten, die auf Überweisung von Hausärzten oder der 116117 wahrgenommen werden, müssten entbudgetiert werden, machte Gassen deutlich.
Für Personen, die künftig ohne eine solche Überweisung fachärztliche Praxen aufsuchen, „kann und muss“ das Eigenbeteiligungsinstrument greifen, so der KBV-Chef. Die genaue Ausgestaltung einer solchen Eigenbeteiligung sei noch zu klären, dürfe aber nicht zu Diskussionen in den Praxen führen.
Auch Stephan Hofmeister, stellvertretender KBV-Vorstandsvorsitzender, betonte, zur Gewährleistung einer gewissen Patientenbindung seien gesetzliche Regelungen nötig. Er appellierte zudem an die Politik, mit Blick auf verbindliche Patientenpfade ehrlich in Richtung der Versicherten zu kommunizieren.
Zum weiteren Zeitrahmen äußerte Gassen, die vollständige Umsetzung eines Patientensteuerungsmodell sei „eher etwas für einen Zeitraum von Jahren“. Die Notfallreform, welche auch mit einem 116117-Ausbau in Verbindung stehe, sollte aber „relativ schnell“ angegangen werden.
KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner mahnte in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer durchgehenden elektronischen Fallakte an. Dies sei bei einer Vernetzung von 116117 und der 112 „zwingend“, da andernfalls ständig Daten neu erhoben werden müssten.
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