Ärzteschaft

KBV will Modelle zur Patientensteuerung entwickeln

  • Freitag, 7. März 2025
Die KBV-Vertreterversammlung fasste zwei Beschlüsse zur Patientensteuerung. /Michel/KBV
Die KBV-Vertreterversammlung fasste zwei Beschlüsse zur Patientensteuerung. /Michel/KBV

Berlin – Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) fordert von der künftigen Bundesregierung dringend entschiedene Schritte zur Stärkung der ambulanten Versorgung, zum Abbau von Bürokratie und zur Verbesserung der Patientensteuerung.

Voraussichtlich Anfang Mai werden die Vertreterinnen und Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) versuchen, im Rahmen einer gemeinsamen Klausurtagung Konzepte für ambulante Koordinierungsmodelle zu entwickeln. In Berlin verabschiedeten sie heute zwei Anträge, die sowohl die Politik auffordern, die Koordinierung zu stärken, als auch den Vorstand der KBV, dafür Modelle zu entwickeln.

So müssten die bestehenden Strukturen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes sowie der Terminservicestellen als digitale Versorgungsplattform gestärkt und weiterentwickelt werden. Um dabei anhand der medizinischen Dringlichkeit steuern zu können, müsse die Bundesregierung gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, die eine verpflichtende Nutzung standardisierter Ersteinschätzungssysteme in der Akut- und Notfallversorgung sicherstellen.

Zudem fordert die KBV eine angemessene Vorhaltefinanzierung in der ambulanten Akut- und Notfallversorgung, insbesondere eine ausreichende Finanzierung der Rufnummer 116117 und der entsprechenden Ersteinschätzungssysteme.

Dabei wurde aber auch deutlich, dass unter den Vertreterinnen und Vertretern unterschiedliche Auffassungen herrschen, wer das Gros der Koordinierung übernehmen soll, und was genau überhaupt unter Koordinierung zu verstehen ist.

Uneinigkeit herrschte darüber, welche konkreten Rollen Haus- und Fachärzten jeweils zukommen sollen. „Steuerung ist eine Kernkompetenz der Hausärztinnen und Hausärzte“, unterstrich Nicola Buhlinger-Göpfarth von der KV Baden-Württemberg und Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. „Ich glaube, wir brauchen nicht mehr Modelle, sondern eine Stärkung der hausärztlichen Steuerung.“

Zustimmung erhielt sie von Burkhard Lembeck, ebenfalls aus Baden-Württemberg, das als Vorreiter bei der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) gilt. Bei Disease-Management-Programmen (DMP) könne man eine steuernde Wirkung erkennen, allerdings fehle es an einer Verpflichtung der Kassen zum Abschluss solcher Verträge. Hier müsse gesetzlich mehr Verbindlichkeit hergestellt werden.

Eine andere Auffassung vertrat der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV Mecklenburg-Vorpommern, Ulrich Freitag. „Ich möchte dringend davor warnen, die Koordinierung bei einer Gruppe zu konzentrieren“, unterstrich er.

Schon der Mangel an Hausärzten spreche dafür, dass diese Fachgruppe die Steuerung nicht allein stemmen könne. Es müsse „ein Konzept mit allen organischen Strukturen geben, sonst funktioniert das nicht“.

Natürlich sei Koordinierung primär eine hausärztliche Aufgabe, aber es werde auf jeden Fall Konstellationen geben, in denen eine fachärztliche Koordinierung sinnvoller wäre oder zumindest eine Alternative darstelle, wandte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen ein.

Vor allem brauche es zuallererst einmal Einigkeit über das Thema, also eine von allen KVen artikulierte und abgestimmte Vorstellung, welche Patientengruppen von welchen Arztgruppen wie gesteuert werden sollen, forderte Frank Dastych aus Hessen. Am sechsten und siebten Mai soll diese Einigkeit laut Antrag auf einer Klausurtagung hergestellt werden.

Größere Einigkeit herrschte beim Thema Bürokratieabbau. Innerhalb der ersten 100 Tage ihrer Amtszeit müsse die Bundesregierung ein Bürokratieentlastungsgesetz für die vertragsärztliche und -psychotherapeutische Versorgung unter Beteiligung der Selbstverwaltung erlassen, heißt es in einem einstimmig angenommenen Antrag.

Neben der Abschaffung von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen, die nicht der Versorgung dienen, fordert die KBV eine Bagatellgrenze für Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen. Die Dokumentationsanforderung müssten „drastisch verschlankt“ werden.

Zudem müssten bereits vorliegende Bürokratieabbauvorschläge der ärztlichen Selbstverwaltung endlich umgesetzt werden. „Wir haben bereits einen großen Katalog mit Abbaumaßnahmen an das Bundesgesundheitsministerium übergeben“, erklärte KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner.

Vor allem aber müsse die künftige Bundesregierung die ambulante ärztliche und psychotherapeutische Versorgung zügig stärken, heißt es im einstimmig angenommenen Antrag des KBV-Vorstandes: „Aus ärztlicher und psychotherapeutischer Sicht bedeutet diese Stärkung, dass es unseren Praxen finanziell und kapazitär möglich wird, unsere Patienten nach den tatsächlichen medizinischen Bedarfen zu behandeln.“

Die zurückliegende Legislaturperiode sei aus ambulanter Versorgungsperspektive eine verlorene Legislaturperiode gewesen. Zwar sei im aller letzten Moment eine Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung geregelt worden, was die KBV grundsätzlich begrüße.

Allerdings seien viele Versprechen – etwa bei der Entbürokratisierung – uneingelöst geblieben. „Wir haben drei Jahre gelitten“, sagte Gassen. Der Antrag sei ein Appell, „dass es nun endlich wieder vorangeht“.

lau

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